Frank-Michael Goebel, Dr. Jochen Schatz
Rz. 349
Der Vollstreckungsschutz nach § 850l, § 55 SGB I und § 76a EStG lief zum Jahresende 2011, d.h. kurz nach Erscheinen der 4. Auflage dieses Werkes aus. Es soll deshalb darauf verzichtet werden, die dort geregelten Mechanismen noch darzustellen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der 3. Auflage des Werkes (siehe § 8 Banken Rdn 92 ff.) verwiesen.
Rz. 350
Als Problem verbleibt allein die Frage, was mit Beschlüssen nach § 850k ZPO a.F. und § 850l ZPO n.F. nach dem 31.12.2011 geschieht, d.h. wenn die Bestimmung endgültig außer Kraft tritt. Da in der Vergangenheit eine Vielzahl solcher Beschlüsse unbefristet erlassen wurde, stellen sich verschiedene Fragen:
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Verlieren die Beschlüsse automatisch mit dem Ablauf des 31.12.2011 ihre Wirkung? |
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Wenn Sie ihre Wirkung nicht verlieren: Werden sie von Amts wegen aufgehoben oder muss dies beantragt werden? |
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Gelten die Beschlüsse auf einem Pfändungsschutzkonto fort, wenn der nach dem Beschluss pfändungsfreie Betrag den Schutzbetrag des Pfändungsschutzkontos übersteigt? |
Rz. 351
Hinweis
Leider hat der Gesetzgeber es versäumt, diese Frage durch eine einfache und pragmatische Übergangsregelung im EGZPO zu regeln. Stattdessen gibt es bereits eine Unzahl von gerichtlichen Entscheidungen, die sich mit dieser Frage haben auseinandersetzen müssen. Hier hat der Gesetzgeber – wieder einmal – einen vermeidbaren Aufwand geschaffen, der Bemühungen um eine Entlastung der Gerichte, damit auch von Gläubiger und Schuldner zuwiderläuft. Die Hoffnung, dass der Gesetzgeber diesem Mangel noch abhilft, nachdem er die letzte Änderung der Reform dafür nicht genutzt hat, dürfte klein sein.
Rz. 352
Für den Gläubiger handelt es sich hier um eine ganz wesentliche Problematik, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass der Schuldner einerseits den Pfändungsschutz nach einem fortgeltenden Beschluss nach § 850k ZPO a.F./§ 850l ZPO n.F. auf einem Konto nutzt und andererseits weiteren Pfändungsschutz auf einem zweiten Konto genießt, dass er nach § 850k Abs. 7 ZPO als Pfändungsschutzkonto eingerichtet hat. Wenn er dann seine Zuflüsse auf beide Konten verteilt, geht der Gläubiger leer aus und erfährt bei einem restriktiven Verständnis seiner geringen Informationsmöglichkeiten hiervon nicht einmal etwas.
Rz. 353
Vorsorgende Gläubiger sind dem vielfach erteilten Rat gefolgt und haben schon früh begonnen, die Befristung eines Beschlusses nach § 850l ZPO zu beantragen. Viele Gerichte sind dem gefolgt. Dies bedeutet, dass sie die oben aufgeworfene Frage 1 verneint haben, d.h. die Beschlüsse treten nicht automatisch außer Kraft und Frage 2 dahin beantworten, dass der Gläubiger die Befristung bzw. die Aufhebung beantragen mussten.
Rz. 354
Die dritte Frage hat das AG Hannover beschäftigt. Es hat sie überzeugend dahin beantwortet, dass nach der ratio des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes das Pfändungsschutzkonto gerade an die Stelle der §§ 850k ZPO a.F., 850l ZPO n.F., § 55 SGB I und § 76a EStG treten soll und deshalb die Konsequenz nur sein kann, dass entsprechende Freistellungsbeschlüsse mit der Umwandlung des Kontos in ein Pfändungsschutzkonto entfallen.