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Muster 8.6: Arbeitnehmer hat die Kündigungsschutzklage in erster Instanz gewonnen

 

Muster 8.6: Arbeitnehmer hat die Kündigungsschutzklage in erster Instanz gewonnen

_________________________ (Adresse)

Sehr geehrte/r Herr/Frau _________________________,

1. Situation

Mit dem Urteil hat das Gericht entschieden, dass die von Ihrem Arbeitgeber erklärte Kündigung unwirksam war. Sie haben den Kündigungsschutzprozess gewonnen. Ihr Arbeitsverhältnis besteht deshalb unverändert weiter.

Sofern die Kündigungsfrist inzwischen abgelaufen war und Ihr Arbeitgeber keinen Lohn mehr gezahlt hat, muss er diesen nunmehr (unter Verrechnung mit gezahltem Arbeitslosengeld) nachzahlen und Sie in der Zukunft weiter vergüten. Geht der rückständige Lohn nicht innerhalb von zehn Tagen auf Ihrem Konto ein, so teilen Sie mir dies bitte mit, damit wir entsprechende Schritte besprechen können.

2. Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber

Da Ihr Arbeitsverhältnis weiter besteht, müssen Sie die Arbeit wieder aufnehmen. Hierzu haben Sie verschiedene Möglichkeiten:

Sie können umgehend zu Ihrer Arbeitsstelle gehen und Ihrem Vorgesetzten mitteilen, dass Sie Ihre Arbeit wieder aufnehmen. Sollte Ihr Arbeitgeber Ihre Arbeitsleistung ablehnen, muss er trotzdem den Lohn zahlen.
Wir können aber stattdessen auch abwarten, bis Ihr Arbeitgeber Sie mündlich oder schriftlich auffordert, zur Arbeit zu erscheinen. Sollte Ihr Arbeitgeber Sie nicht zur Arbeit auffordern, muss er trotzdem den Lohn zahlen.

3. Verhalten gegenüber der Bundesagentur für Arbeit

Sofern Sie sich arbeitsuchend gemeldet hatten, müssen Sie die zuständige Agentur für Arbeit über das Urteil informieren.

4. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers

Sofern Ihr Arbeitgeber das Urteil akzeptiert, wird er Sie weiterbeschäftigen, den rückständigen Lohn (unter Verrechnung mit gezahltem Arbeitslosengeld) nachzahlen und zukünftig Lohnzahlung leisten. Das Urteil des Arbeitsgerichtes wird mit Ablauf eines Monats nach der Zustellung des schriftlichen, mit Begründung versehenen Urteils rechtskräftig, das heißt es gilt endgültig.

Wenn Ihr Arbeitgeber gegen das Urteil vorgehen will, kann er hiergegen Berufung vor dem Landesarbeitsgericht einlegen. Für die Entscheidung, ob er Berufung einlegen will, hat er eine Frist von einem Monat ab der Zustellung des schriftlichen, mit Begründung versehenen Urteils. Es wird daher noch einige Wochen dauern, bevor wir wissen, ob Ihr Arbeitgeber Berufung einlegt. Falls Ihr Arbeitgeber Berufung einlegt, findet ein neues Gerichtsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht statt. Das Landesarbeitsgericht wird dann prüfen, ob das Urteil fehlerhaft ist. Gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichtes ist ein weiteres Rechtsmittel, die Revision, nur zulässig, wenn sie ausdrücklich zugelassen wird.

5. Kosten

Wird der Prozess als Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht (II. Instanz) bzw. als Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht (III. Instanz) fortgesetzt, gilt eine neue Kostenverteilung: Dort trägt die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreites (Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren), die obsiegende Partei hat einen Anspruch auf Kostenerstattung. Im Falle eines teilweisen Unterliegens werden die Kosten durch Entscheidung des Gerichtes anteilig auf beide Parteien verteilt. Wird eine Einigung (Vergleich) erzielt, müssen die Parteien eine eigene Kostenregelung finden; üblicherweise trägt dann jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst. Je nach Ausgang des Rechtsstreits fallen außerdem Gerichtsgebühren an.

Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, ist sie zu Beginn des Berufungsverfahrens zu informieren. Sollten Sie aufgrund Ihrer finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage sein, die Kosten selbst zu tragen, können Sie einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen, der ebenfalls zu Beginn des Berufungsverfahrens erforderlich ist.

Mit freundlichen Grüßen

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(Rechtsanwalt)

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