Rz. 22

Weiter fordert § 906 Abs. 1 S. 1 BGB eine "wesentliche Beeinträchtigung", damit dem Grundstückseigentümer ein Verbietungsrecht zusteht. Für die Frage der Wesentlichkeit kommt es maßgeblich auf das Empfinden eines "verständigen" Durchschnittsmenschen an, wobei die Natur und die Zweckbestimmung des betroffenen Grundstücks, z.B. ob das Grundstück als Industriegrundstück oder als Wohngrundstück genutzt wird, entscheidend sind.[11]

 

Rz. 23

Weiter ist bei der Bewertung der Wesentlichkeit ein so genannter objektiv-differenzierter Maßstab anzulegen, da es für die Frage der Wesentlichkeit nicht auf eine individuelle Person des mehr oder weniger empfindlichen Nachbarn ankommt, sondern auf das Empfinden eines objektiven Durchschnittsmenschen. Für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist vor allem die Benutzung des beeinträchtigten Grundstücks in seiner konkreten Beschaffenheit zu untersuchen.

 

Rz. 24

Die Überschreitung von Grenzwerten von einschlägigen DIN- oder auch VDI-Normen können auf eine Wesentlichkeit hindeuten.[12] Mit dem BGH ist im Rahmen der Beweiswürdigung § 287 ZPO anzuwenden, um damit einerseits dem Geschädigten die ohnehin schwierige Nachweisführung zu erleichtern, andererseits aber auch eine übermäßige Haftung des Emittenten zu verhindern. Wenn aber die vorgegebenen Grenzwerte eingehalten werden und damit die Voraussetzung für die vorstehenden Ausführungen entfällt, dann muss konsequenterweise den Geschädigten die volle Darlegungs- und Beweislast auch hinsichtlich der Kausalität treffen. Den Störer wiederum trifft für die ihm günstige Einwendung der Unwesentlichkeit i.S.d. § 906 Abs. 1 BGB nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Aufgrund der Vermutungsregel des § 906 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB braucht er aber nur noch darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die relevanten Grenz- und Richtwerte eingehalten sind. Einwirkungen in Form von Lärm werden aktuell besonders in Hinblick auf Luft- und Wärmepumpen relevant. Die Unwesentlichkeit wird hierbei jedoch indiziert, da durch die Pumpen grds. "die in einem reinen Wohngebiet zulässigen Werte der TA-Lärm eingehalten sind."[13] Diese gesetzliche Vermutung kann aber im Einzelfall widerlegt werden, wie es auch im Fall der Wärmepumpen vorkam, wenn die subjektive Wahrnehmung störender als der objektiv gemessene Wert ist. Hierfür obliegt aber dann dem gestörten Nachbarn die Darlegungs- und Beweislast.

[13] AG Lüdinghausen v. 17.5.2017 – 12 C 222/15.

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