Rz. 13
Nach § 2042 BGB kann jeder Miterbe grundsätzlich jederzeit ohne Rücksicht auf die Interessen der Miterben die Auseinandersetzung verlangen (zu Ausnahmen siehe unten Rdn 16). Anders also als im Gesellschaftsrecht, auf das das Recht der Erbengemeinschaft verweist, ist kein "wichtiger Grund" erforderlich und das Auseinandersetzungsbegehren kann auch zur Unzeit gestellt werden. Die Formulierung in § 2042 BGB steht damit im Gegensatz zur "Parallelregelung" im Gesellschaftsrecht in § 723 Abs. 2 BGB: Während im Gesellschaftsrecht eine Kündigung nur dann zur Unzeit erfolgen darf, wenn wichtige Gründe vorliegen, gibt es bei der Erbengemeinschaft diese Einschränkung nicht. In der Rechtsprechung vor dem Jahr 1956 finden sich einige Entscheidungen, die ein Auseinandersetzungsverlangen aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs gem. § 242 BGB einschränken wollen. Es gibt hingegen keine entsprechenden Entscheidungen neueren Datums. Tatsächlich sind kaum Fälle nach neuerer Rechtsprechung denkbar, in denen der "letzte Rettungsanker" des § 242 BGB anzuwenden wäre.
Rz. 14
Inhaltlich ist das Verlangen auf Auseinandersetzung gem. § 2042 BGB auf Mitwirkung bei allen für eine Auseinandersetzung erforderlichen Maßnahmen gerichtet. In Teilen ist diese Pflicht vergleichbar mit der Mitwirkungspflicht bei § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB (siehe hierzu § 4 Rdn 68 ff. und Rdn 114 ff.). Dennoch darf nicht übersehen werden, dass Auseinandersetzung gerade keine Verwaltung ist und Maßstab der Handlungspflicht daher auch nicht die Kriterien des § 2038 BGB sein können: Maßstab der Pflicht ist und bleibt der Anspruch aus § 2042 BGB. Denn während Verwaltung auf Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie Gewinnung der Nutzungen und Bestreitung laufender Verbindlichkeiten des Nachlasses gerichtet ist (vgl. hierzu § 4 Rdn 52), zielt die Auseinandersetzung letztlich ausschließlich auf die Verteilung des Nachlasses unter den Erben – und das ist keine Verwaltung. Das Recht eines jeden Miterben aus § 2042 BGB führt somit zur ungeschriebenen, aber zwangsläufig zwingenden Pflicht der übrigen Miterben an der Auseinandersetzung mitzuwirken. Dies führt beispielsweise zur Pflicht, bei der "Versilberung" der Nachlassgegenstände (siehe hierzu Rdn 3) oder der Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten mitzuwirken. Gerade diese Verpflichtung wird von vielen Erben "übersehen". Das Verlangen ist formlos möglich. Ein Miterbe gibt Anlass zur Klage, wenn er dem berechtigten Verlangen schuldhaft nicht nachkommt. Der Miterbe, der seine Mitwirkung bei der Auseinandersetzung grundlos verweigert, macht sich schadensersatzpflichtig. Schmälert ein Miterbe durch starrsinniges Verhalten u.Ä. den Nachlass zum Nachteil der übrigen Miterben, kann er hierfür zur (finanziellen) Verantwortung gezogen werden. Kann der die Auseinandersetzung verlangende Miterbe darlegen und beweisen, dass ihm durch ungerechtfertigte Verweigerungshaltung des oder der anderen Miterben ein Schaden entstanden ist, so ist dieser Schaden gem. § 280 BGB zu ersetzen. Da der Auseinandersetzungsanspruch ein Anspruch jedes einzelnen Miterben ist (und nicht der Erbengemeinschaft), ist der Schadensersatzanspruch nicht bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigen und es handelt sich auch nicht um einen Anspruch der Erbengemeinschaft (somit kein Fall des § 2039 BGB). Vielmehr ist der Schadensersatzanspruch neben oder nach der Auseinandersetzung zu berücksichtigen. Soweit der Anspruch im Rahmen einer Erbauseinandersetzungsklage noch nicht zu beziffern ist, sollte der Kläger an einen diesbezüglichen Feststellungsantrag denken.