Rz. 91
Seit 1998 ist auch durch den BGH neben dem Auseinandersetzungsvertrag (siehe oben Rdn 85) und der Erbteilsübertragung (siehe oben Rdn 90) ein "dritter Weg" der Auseinandersetzung anerkannt, der zu einer Teilauseinandersetzung führt: Miterben scheiden einverständlich gegen Abfindung aus der Erbengemeinschaft aus. Dies wird allgemein als "Abschichtung" bezeichnet, ein Begriff, den der BGH übernommen hat. Bei der Abschichtung gibt ein Miterbe seine Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft auf, insbesondere sein Recht auf ein Auseinandersetzungsguthaben. Der Erbteil des Ausgeschiedenen wächst den verbleibenden Miterben "kraft Gesetzes" an. Bleibt lediglich ein Miterbe übrig, führt die Anwachsung zum Alleineigentum am Nachlass und die Erbengemeinschaft ist beendet. Der durch Abschichtung ausgeschiedene Miterbe bleibt jedoch formal weiterhin Erbe und ist daher auch im Erbschein aufzuführen. Nachlassgläubigern kann die Abschichtung nicht entgegengehalten werden, sie können sich weiterhin an den abgeschichteten Erben halten, der ihnen gegenüber weiterhin haftet.
Da der Ausscheidende lediglich auf seine Mitgliedschaftsrechte verzichtet, sie jedoch nicht auf einen bestimmten Rechtsnachfolger überträgt, liegt hierin keine Verfügung über einen Erbteil gem. § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Abschichtungsvertrag ist aus diesem Grund selbst dann formfrei möglich, wenn zur Erbengemeinschaft ein Grundstück gehört. In der Form des § 29 GBO muss gegenüber dem Grundbuchamt jedoch die Erbfolge nachgewiesen werden, § 35 GBO. Nur so kann das Grundbuchamt prüfen, ob tatsächlich alle Erben der Erbengemeinschaft die Vereinbarung zur Abschichtung getroffen haben. Nicht erforderlich ist dagegen eine Voreintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch gem. § 39 Abs. 1 GBO: Durch entsprechende Anwendung von § 40 Abs. 1 GBO gewährt die wohl mittlerweile allgemeine Meinung eine Ausnahme vom Grundsatz der Voreintragung. Ist der Erbe minderjährig, so bedarf eine Abschichtung auch dann keiner Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wenn zum Nachlass ein Grundstück gehört. Die Eltern verfügen insoweit auch nicht über eine dem Minderjährigen angefallene Erbschaft, so dass auch kein nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 1 BGB genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft vorliegt. Zur Abschichtung bei Beteiligung Minderjähriger vgl. auch § 12 Rdn 77 sowie (zugleich auch zu betreuten Erben) § 13 Rdn 41.
Ob die Abfindung aus dem Nachlass oder dem Privatvermögen der oder des anderen Erben geleistet wird ist unerheblich. Formbedürftig bleibt es jedoch, wenn als Abfindung ein Gegenstand übertragen werden soll, der nur durch formbedürftiges Rechtsgeschäft übertragen werden darf.