Rz. 7
Unter Auseinandersetzung ist nicht lediglich die Verteilung des Nachlasses unter den Erben entsprechend den gesetzlichen oder/und testamentarischen Vorschriften zu verstehen: Zur Auseinandersetzung gehört vorrangig die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten, § 2046 BGB. Bevor die Nachlassverbindlichkeiten nicht vollständig beglichen sind, kann eine Verteilung des Vermögens nicht erfolgen. Die Pflicht zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten besteht jedoch nur im Verhältnis der Erben untereinander, nicht im Verhältnis zu den Gläubigern.
Rz. 8
Durch die Auseinandersetzung müssen alle Rechtsbeziehungen der Gesamthand abgewickelt werden. Daher müssen auch Rechtsgeschäfte der Gesamthand mit Dritten – auch mit Miterben – erledigt und Vorempfänge ausgeglichen werden. Die Auseinandersetzung wird durch die Verteilung des Nachlasses vorrangig entsprechend den letztwilligen Anordnungen des Erblassers und im Übrigen entsprechend den gesetzlichen Regelungen vollzogen. Einvernehmlich können sich die Erben freilich über die testamentarischen Anordnungen hinwegsetzen. Dies wird nur durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung verhindert. Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, so ist die Auseinandersetzung durch den Testamentsvollstrecker vorzunehmen, § 2204 BGB (vgl. auch § 14 Rdn 45 ff.).
Rz. 9
Die Auseinandersetzung muss sich stets auf den gesamten Nachlass beziehen. Eine gegenständlich beschränkte Teilauseinandersetzung wird von der Rechtsprechung zugelassen, wenn "besondere Gründe dafür sprechen". Dies soll beispielsweise der Fall sein, wenn Nachlassverbindlichkeiten nicht mehr bestehen und berechtigte Belange der Erbengemeinschaft und der einzelnen Miterben nicht gefährdet werden. In der Praxis kommen diese Fälle dagegen deutlich seltener vor, als die Formulierung des BGH in seinen Gründen vermuten ließe.
Praxishinweis
Eine Klage auf eine gegenständliche beschränkte Teilauseinandersetzung sollte angesichts des Prozessrisikos die absolute Ausnahme sein. Stattdessen empfiehlt sich die Erhebung einer Feststellungsklage zur Klärung der Streitfragen (vgl. zum Risiko selbst einer umfassenden Auseinandersetzungsklage § 9 Rdn 25 und 60; zur Feststellungsklage vgl. § 9 Rdn 34).
Auf eine persönlich beschränkte Auseinandersetzung lediglich hinsichtlich eines Miterben hat kein Miterbe einen Anspruch. Somit kann weder ein Miterbe ohne Mitwirkung aller Miterben aus der Erbengemeinschaft "ausgeschlossen" werden noch ohne Mitwirkung der anderen aus der Erbengemeinschaft "ausscheiden".
Rz. 10
In der Praxis läuft die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft hingegen regelmäßig in mehreren Teilauseinandersetzungen ab: Die in Natur zu teilenden Nachlassgegenstände (z.B. Bank- und Depotguthaben) werden "vorab" verteilt; die Verteilung der übrigen Nachlassgegenstände erfolgt nach Veräußerung bzw. Einigung über Ausgleichszahlungen innerhalb der Erbengemeinschaft. Es muss jedoch noch einmal betont werden, dass die Miterben auf eine solche Teilauseinandersetzung grundsätzlich keinen Anspruch haben. Eine Teilauseinandersetzung birgt auch die Gefahr der unbeschränkten Haftung für Nachlassverbindlichkeiten (vgl. auch § 6 Rdn 64).
Rz. 11
Beispiel
Eine Erbengemeinschaft besteht aus der Witwe Frieda und den Kindern Anna und Daniel. Zum Nachlass gehört neben Bar- und Depotvermögen eine Eigentumswohnung (ETW). Daniel möchte von Frieda und Anna die ETW "vorab zum Verkehrswert kaufen". Daniel kann den Erwerb der ETW von Anna und Frieda jedoch nicht ohne Weiteres erzwingen. Findet er keine einvernehmliche Regelung mit Anna und Frieda, bleibt ihm lediglich die Möglichkeit, die Teilungsversteigerung gem. § 180 ZVG zu beantragen und dann zu versuchen, die Immobilie selbst zu ersteigern.
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn ihm die ETW durch letztwillige Verfügung von Todes wegen zugewandt worden wäre. Dann kommt es aber auch wesentlich auf die Regelung an (z.B. Teilungsanordnung oder Vorausvermächtnis der ETW? Zu Einzelheiten siehe § 10 Rdn 90 ff.).
Rz. 12
Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben kann erst dann isoliert durch einen Miterben abgetreten werden, wenn die Erbengemeinschaft aufgelöst ist. Vorher verstößt eine Abtretung gegen § 2040 BGB. Dies gilt auch, wenn ein Nachlassgegenstand zur Vorbereitung der Teilung "versilbert" worden ist: In diesem Fall fällt der Erlös als Surrogat gem. § 2041 BGB in das gesamthänderisch gebundene Vermögen.