Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 175
Staatliche Hilfen, die dem Unterhaltsberechtigten im Einzelfall gewährt werden, sind insbesondere Sozialhilfe bzw. Bürgergeld (hat am 1.1.2023 das Arbeitslosengeld II ersetzt), Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) sowie Ausbildungsförderung nach Bundesausbildungsgesetz (BAföG). Werden derartige Leistungen vom Staat entrichtet, so hat dies einen Forderungsübergang von Unterhaltsansprüchen zur Folge (cessio legis).
aa) Sozialhilfe, § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII
Rz. 176
Sozialhilfe ist im SGB XII geregelt. Aufgabe der Sozialhilfe ist es nach § 1 S. 1 SGB XII, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.
Praxistipp
Sozialhilfe kommt als Hilfe zum Lebensunterhalt für solche Personen in Betracht, die nicht (mehr) erwerbsfähig sind, beispielsweise wegen Alters oder wegen voller Erwerbsminderung.
Rz. 177
Die Leistung von Sozialhilfe führt zu einem Forderungsübergang nach § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII:
Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über.
bb) Bürgergeld
Rz. 178
Das Bürgergeld (früher Arbeitslosengeld II oder auch "Hartz IV") ist die Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB II.
Praxishinweis
Das Bürgergeld wurde zum 1.1.2023 durch das Bürgergeld-Gesetz eingeführt und hat das bisherige Arbeitslosengeld II abgelöst.
Rz. 179
Leistungen von Bürgergeld haben einen Forderungsübergang nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB II zur Folge:
Haben Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Satz 1 gilt auch, soweit Kinder unter Berücksichtigung von Kindergeld nach § 11 Abs. 1 S. 4 keine Leistungen empfangen haben und bei rechtzeitiger Leistung des anderen keine oder geringere Leistungen an die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbracht worden wären. Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann. Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht gehen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über.
cc) Unterhaltsvorschussleistungen
Rz. 180
Das UntVorschG gewährt gem. § 1 UntVorschG einen Unterhaltsvorschuss für Kinder eines allein erziehenden Elternteils als staatliche Sozialleistung bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.
Der Unterhaltsvorschuss ist nach der Vollendung des 12. Lebensjahres allerdings eine nachrangige Leistung und wird nur gewährt, wenn das Kind nicht auf Sozialleistungen angewiesen ist oder der alleinerziehende Elternteil ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 600 EUR erzielt (vgl. § 1 Abs. 1a Nr. 1 und Nr. 2 UVG).
Die frühere Befristung der Unterhaltsvorschussleistung auf sechs Jahre ist mit Wirkung zum 1.7.2017 entfallen.
Wird ein solcher Unterhaltsvorschuss gezahlt, geht der Unterhaltsanspruch nach § 7 Abs. 1 UntVorschG auf das Land über.
§ 7 Abs. 1 UntVorschG lautet:
Hat der Berechtigte für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird, einen Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem er nicht lebt, oder einen Anspruch auf eine sonstige Leistung, die bei rechtzeitiger Gewährung nach § 2 Abs. 3 als Einkommen anzurechnen wäre, so geht dieser Anspruch i.H.d. Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf das Land über.
dd) BAFöG-Leistungen
Rz. 181
Erhält der Unterhaltsberechtigte BAföG-Leistungen, kann ebenfalls eine Überschneidung mit Unterhaltsansprüchen auftreten.
§ 37 Abs. 1 S. 1 BAföG ordnet in Übereinstimmung mit den o.g. Vorschriften erneut eine cessio legis an:
Hat der Auszubildende für die Zeit, für die ihm Ausbildungsförderung gezahlt wird, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern, so geht dieser zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch mit der Zahlung bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf das Land über, jedoch nur soweit auf den Bedarf des Auszubildenden das Einkommen der Eltern nach diesem Gesetz anzurechnen ist.