Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 141
Aus dem Umstand, dass ein Elternteil das minderjährige Kind gesetzlich vertritt, ergibt sich noch nicht, ob der Kindesunterhalt nach Trennung der Eltern im Namen des Kindes oder im eigenen Namen des Elternteils geltend zu machen ist.
Der Gesetzgeber hat sich für die Dauer der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung in § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB für die Verfahrensstandschaft entschieden, weil er vor allem vermeiden wollte, dass das minderjährige Kind als Beteiligter am Scheidungsverfahren der Eltern beteiligt wird. Die Verfahrensstandschaft umfasst auch Passivverfahren gegen die Kinder. Dies spielt eine Rolle bei Verfahren nach § 238 bzw. § 239 FamFG.
Rz. 142
Der Anwendungsbereich des § 1629 Abs. 3 BGB betrifft nur verheiratete Eltern. Unverheiratete Eltern und geschiedene Eltern sind zur Verfahrensführung (in eigenem Namen) nicht befugt. In diesen Fällen muss das Kind als Beteiligter den Unterhaltsanspruch im eigenen Namen geltend machen, gesetzlich vertreten durch den allein sorgeberechtigten Elternteil (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB) oder – bei gemeinsamer Sorge – von dem Elternteil, in dessen Obhut es sich befindet (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB).
Der antragstellende Elternteil ist als Verfahrensstandschafter selbst Beteiligter. Deshalb kann beispielsweise der auf Kindesunterhalt in Anspruch genommene Elternteil seinen Zugewinnausgleichsanspruch gegen den betreffenden Elternteil im Wege eines Gegenverfahrens geltend machen.
Nach früher überwiegend vertretener Auffassung konnte die Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB nicht (etwa um Verfahrenskosten zu sparen) dadurch umgangen werden, dass das Kind vom Jugendamt aufgrund einer Beistandschaft in der Unterhaltssache vertreten wird.
So war das OLG Oldenburg der Meinung, dass die Regelung des § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB nicht von §§ 1714, 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB verdrängt werde. Folglich konnte bei Getrenntleben gemeinsam sorgeberechtigter Eltern das Kind seinen Unterhaltsanspruch nicht im eigenen Namen, vertreten durch einen Beistand, geltend machen.
Nach anderer Auffassung kann das minderjährige Kind seinen Anspruch auf Unterhalt gegen einen verheirateten, getrenntlebenden, gemeinsam sorgeberechtigten Elternteil auch im eigenen Namen – vertreten durch das Jugendamt – geltend machen.
Nach Auffassung des BGH ist auch bei getrenntlebenden, verheirateten und gemeinsam sorgeberechtigten Eltern eine Vertretung des Kindes durch das Jugendamt als Beistand zur gerichtlichen Geltendmachung von Kindesunterhalt zulässig.
Der BGH argumentiert wie folgt:
Zitat
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einrichtung einer Beistandschaft keine Kosten verursacht, weil die Vertretung durch das Jugendamt als Beistand kostenfrei ist (…). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll kein Kind benachteiligt und sollen deshalb für alle Kinder einheitliche Bedingungen geschaffen werden. Eine Benachteiligung würde indes eintreten, wenn man – wie das Beschwerdegericht – die Vertretung des Kindes verheirateter Eltern durch einen Beistand in einem Kindesunterhaltsverfahren untersagte (…).
Auch der mit § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB verfolgte Zweck, wonach das Kind aus dem Streit der Eltern herausgehalten werden soll, gebietet keine Einschränkung der Beistandschaft. Vielmehr wird die Hinzuziehung eines Beistands als gesetzlicher Vertreter des Kindes regelmäßig dafür sorgen, dass sowohl der betreuende Elternteil als auch das Kind aus dem Unterhaltsverfahren herausgehalten werden, so dass hierdurch im Zweifel Konflikte eher vermieden werden (…).“
Damit besteht nach aktueller Rechtsprechung mehr oder weniger ein Wahlrecht, d.h. der betreuende Elternteil kann während des Getrenntlebens zum einen die Kindesunterhaltsansprüche im eigenen Namen geltend machen oder aber die Beistandschaft des Jugendamtes nach §§ 1712 ff. BGB, 234 FamFG in Anspruch nehmen. Letzteres dürfte insbesondere unter Kostengesichtspunkten für den betreuenden Elternteil interessant sein.