Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 48
Die Verfahrenskostenhilfebedürftigkeit hängt nach § 115 ZPO vom Einkommen und Vermögen des Antragstellers ab. Bei der Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB ist nicht auf das Kind, sondern auf den klagenden Elternteil abzustellen. Der Ansatz eines Familieneinkommens ist unzulässig.
Zum Einkommen gehören nach der Legaldefinition des § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Das Vermögen des Antragstellers ist einzusetzen, soweit dies zumutbar ist, vgl. § 115 Abs. 3 ZPO. Die Frage der Zumutbarkeit wird konkretisiert durch den Verweis auf § 90 SGB XII, d.h. diese Vorschrift legt fest, welche Vermögensteile nicht verwertet werden müssen. Vermögen sind gespartes Geld, verwertbare geldwerte Sachen, Rechte sowie Forderungen. Ein Bausparvertrag, dessen angesparte Summe das Schonvermögen übersteigt, ist auch dann für die Verfahrenskosten zu verwerten, wenn der Antragsteller seine Kinder als Berechtigte für die Leistung nach dem Todesfall bestimmt hat.
Verwertbar ist das Vermögen dann, wenn es tatsächlich veräußert werden kann. Dies muss zu angemessenen Bedingungen möglich sein.
Rz. 49
Inwieweit Kapitallebensversicherungen zur Verfahrensführung einzusetzen sind, ist umstritten.
Grds. gilt, dass Lebensversicherungen einsetzbares Vermögen sind, sofern sie nicht der Sicherung einer angemessenen Altersversorgung dienen (§ 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII).
Es ist unzumutbar, Lebensversicherungen zur Finanzierung der Verfahrenskosten einzusetzen, wenn die Geltendmachung des Rückkaufswerts ersichtlich unwirtschaftlich ist. Die Verwertung von Lebensversicherungen ist auch dann unzumutbar, wenn diese der Alterssicherung dienen sollen und dazu voraussichtlich auch benötigt werden.
Dient die Lebensversicherung der Altersversorgung, unterhält der Antragsteller aber mehrere Lebensversicherungen, ist zumindest eine einzusetzen. Ähnlich liegt es bei einer sehr hohen Lebensversicherung. Mitunter können Kapitallebensversicherungen auch durch so genannte Policen-Darlehen beliehen werden. Dies ist regelmäßig zumutbar. Dass die Versicherungsgesellschaft diese Möglichkeit nicht anbietet und die Police auch nicht bei einem Drittanbieter beliehen werden kann, muss der Antragsteller substantiiert darlegen und gegebenenfalls glaubhaft machen. Nach weiter gehender Auffassung bleibt eine Lebensversicherung, weil sie wirtschaftlich zweckgebundenes Vermögen ist und eine Auflösung mit vielfältigen Nachteilen verbunden ist, außer Betracht.
Rz. 50
Der Einsatz eines angemessenen Hausgrundstücks kann nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht verlangt werden. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII ist auch auf Eigentumswohnungen, Miteigentumsanteile sowie Grundstücke, deren Bebauung geplant ist, anzuwenden. Der Schutz des angemessenen Hausgrundstücks erstreckt sich aber nur auf selbst genutzte Objekte. Der Verkehrswert sowie die Wohnungsgröße sind für die Frage der Angemessenheit von erheblicher Bedeutung.
Ein Haus mit 120 qm Wohnfläche ist zu groß, d.h. die Angemessenheitsgrenze liegt bei Nutzung von einer Person bei 70 qm.
Rz. 51
Immobilieneigentum ist im Einzelfall aber schwierig verwertbar. Das OLG Hamm hat sich dazu wie folgt geäußert:
▪ |
Ein (Mit-)Eigentumsanteil an einem Hausgrundstück (im konkreten Fall war es Alleineigentum an einem Dreifamilienhaus) zählt grundsätzlich zum Vermögen des Beteiligten, soweit es sich nicht um ein angemessenes, von dem Beteiligten selbst bewohntes Hausgrundstück i.S.d. §§ 115 Abs. 3 S. 2 ZPO, 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII handelt. Voraussetzung für den Vermögenseinsatz ist jedoch stets, dass die Verwertung des Vermögens zeitnah überhaupt möglich und zumutbar ist. |
▪ |
Die Veräußerung eines Hausgrundstücks nimmt erfahrungsgemäß eine gewisse Zeit in Anspruch und kann daher regelmäßig nicht zeitnah genug erfolgen, um noch mit dem Ziel der Verfahrenskostenhilfe vereinbar zu sein, dem bedürftigen Beteiligten im Wesentlichen denselben Rechtsschutz zu gewährleisten wie dem bemittelten Beteiligten. |
▪ |
Eine Beleihung des Objekts zum Zwecke einer Darlehensaufnahme scheidet aus, sofern der Antragsteller ausweislich seiner aktuellen Einkommensverhältnisse offensichtlich nicht in der Lage ist, ein (weiteres) Darlehen aufzunehmen und die Darlehensraten zu zahlen. |
Rz. 52
Auch ein Anspruch auf einen Verfahrenskostenvorschuss (VKV) z.B. gegen die Ehefrau zählt zum Vermögen. Die Versagung von VKH wegen einem Vorschussanspruch ist jedoch nur möglich, wenn der Anspruch realisierbar ist, d.h. unzweifelhaft besteht und kurzfristig durchsetzbar ist. Daran fehlt es, wenn das Einkommen des Verpflichteten unbekannt ist oder sich schwierige Rechtsfragen stellen.
Der um Verfahrenskostenhilfe Ersuchende trägt die vollständige Darlegungs- und Beweislast für seine sozialrechtliche Bedürftigkeit.