Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 285
Der Abänderungsantrag bezüglich gerichtlicher Entscheidungen ist nach §§ 238 Abs. 1 S. 2 FamFG zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrundeliegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt. Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BGH stellt der zu § 323 Abs. 1 ZPO a.F. geänderte Wortlaut klar, dass es sich bei der Behauptung einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt. § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG behandelt das Wesentlichkeitskriterium somit nur unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit, während es in § 238 Abs. 4 FamFG für die Begründetheit nochmals gesondert erwähnt wird.
Hinweis
Bei der Abänderung von Unterhaltsentscheidungen nach § 238 FamFG muss der zur Darlegung notwendige Vortrag bereits die Zeitschranke des § 238 Abs. 2 FamFG berücksichtigen.
Rz. 286
Die Abänderung von gerichtlichen Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden macht nach § 239 Abs. 1 S. 2 FamFG Vortrag der Tatsachen erforderlich, die die Abänderung rechtfertigen. Hierfür reicht aus, dass der Antragsteller – beim gerichtlichen Vergleich ohne die Zeitschranke des § 238 Abs. 2 FamFG – Tatsachen behauptet, die eine Änderung der von den Beteiligten übereinstimmend zugrunde gelegten und für die damalige Vereinbarung maßgebenden Umstände ergeben und daher nach Treu und Glauben eine Anpassung erfordern.
Hierbei handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Abänderungsantrags. Erforderlich ist der Vortrag von Tatsachen, die – ihr tatsächliches Vorliegen unterstellt – eine Abänderung rechtfertigen, d.h. nach den Regeln über die Störung bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 239 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 313 BGB eine Abänderung begründen können. Der Antragsteller muss daher die Vergleichsgrundlage und die neuen Verhältnisse, aus denen er eine Abänderung des Vergleichs herleitet, vollständig vortragen. Dazu hat er Tatsachen darzulegen, die ihm aus seiner Sicht das Festhalten am unveränderten Vergleich unzumutbar machen; diese müssen eine schwerwiegende Veränderung der nach dem Geschäftswillen beider Beteiligten zur materiellen Vergleichsgrundlage gewordenen Umstände in Betracht kommen lassen. Dabei sind alle für die abzuändernde Unterhaltsbemessung im Vergleich maßgeblichen Faktoren und deren Änderung darzustellen, einschließlich des Zahlenwerks der Unterhaltsberechnung. Es genügt daher nicht, wenn nur einzelne Umstände vorgetragen werden, die sich geändert haben, sondern alle für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände müssen dargelegt werden, damit erkennbar ist, ob eine Änderung eingetreten ist.
Beispielsweise genügt allein der Hinweis auf das gestiegene Alter eines Kindes im Übergang vom Kindergarten- ins Grundschulalter angesichts der im Kindergarten häufig vorhandenen zeitlich umfassenderen Fremdbetreuungsmöglichkeit nicht zur Erhebung eines zulässigen Antrags auf Abänderung eines Betreuungsunterhaltstitels.
Rz. 287
Fehlt also entsprechender Sachvortrag, ist der Antrag als unzulässig abzuweisen; erweist er sich als nicht nachweisbar, unrichtig oder die Änderung als unwesentlich, ist der Abänderungsantrag unbegründet.