Leitsatz (amtlich)
Allein der Hinweis auf das gestiegene Alter eines Kindes genügt im Übergang vom Kindergarten- ins Grundschulalter angesichts der im Kindergarten häufig vorhandenen zeitlich umfassenderen Fremdbetreuungsmöglichkeit regelmäßig nicht zur Erhebung eines zulässigen Antrags auf Abänderung eines Betreuungsunterhaltstitels.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1615l Abs. 2; FamFG §§ 238-239
Verfahrensgang
AG Hermeskeil (Aktenzeichen 3 F 116/21) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hermeskeil vom 04.11.2021, Az. 3 F 116/21, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Abänderungsantrag des Antragstellers als unzulässig abgewiesen wird.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.400,00 EUR festgesetzt.
4. Der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren wird in Abänderung des Verfahrenswertbeschlusses des Amtsgerichts Hermeskeil vom 04.11.2021 auf 5.400,00 EUR festgesetzt.
5. Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung von Rechtsanwalt R.J. bewilligt.
Gründe
I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Abänderung eines Unterhaltsvergleichs in Anspruch.
Die Beteiligten, die nicht miteinander verheiratet waren, sind die Eltern des Kindes B. Das am ... 2012 geborene Kind lebt im Haushalt der Antragsgegnerin und besucht derzeit vormittags die 2. Grundschulklasse. Das Kind leidet u.a. an Mukoviszidose mit exokriner Pankreasinsuffizienz sowie an einer Sprachentwicklungsverzögerung mit Dyslalie. Im August 2020 wurde zudem ein Pseudomonas aeruginosa diagnostiziert. Im Hinblick auf die verschiedenen Erkrankungen wurde der Pflegegrad 2 festgestellt. Ferner erhält das Kind eine logopädische sowie ergotherapeutische Behandlung.
Die Antragsgegnerin übt derzeit - wie vor Geburt des Kindes - keine Erwerbstätigkeit aus und bezieht Leistungen zur Grundsicherung durch das Jobcenter.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Saarburg vom 11.11.2014, Az. 3a F 126/14, wurde der Antragsteller u.a. verpflichtet, an die Antragsgegnerin einen Betreuungsunterhalt in Höhe von monatlich 560,00 EUR zu zahlen. Im Rahmen des Abänderungsverfahrens beim Amtsgericht Hermeskeil, Az. 3 F 198/15, haben die Beteiligten am 28.01.2016 einen Vergleich geschlossen und sich auf eine Herabsetzung des Betreuungsunterhalts ab Februar 2016 auf monatlich 450,00 EUR geeinigt.
Der Antragsteller hat erstinstanzlich vorgetragen,
das Kind habe das 8. Lebensjahr vollendet und gehe zur Schule. Ein besonderer Betreuungsbedarf sei nicht mehr ersichtlich, so dass die Antragsgegnerin in der Lage sei, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen.
Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt,
die Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers aus dem am 28.01.2016 geschlossenen Vergleich dahingehend abzuändern, dass der Antragsteller mit Wirkung ab 01.03.2021 nicht mehr zur Zahlung von Betreuungsunterhalt verpflichtet ist.
Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat vorgetragen,
es bestehe nach wie vor aufgrund der unveränderten Betreuungsbedürftigkeit des Kindes ein Anspruch gem. § 1615l BGB. Sie sei im Hinblick auf den hohen Pflegeaufwand nicht in der Lage einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie könne allenfalls eine geringfügige Beschäftigung ausüben, die ihren am Existenzminimum orientierten Bedarf nur teilweise decken könne.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Hermeskeil hat mit Beschluss vom 04.11.2021 den Antrag abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt aufgrund eines nach wie vor erhöhten Pflegeaufwands für das gemeinsame Kind weiterhin bestehe. Der Antragsteller sei dem substanziierten Vortrag der Antragsgegnerin zum Betreuungs- und Pflegeaufwand nicht entgegengetreten. Ihren Bedarf in Höhe von monatlich 960,00 EUR könne die Antragsgegnerin selbst nicht vollständig decken; sie könne allenfalls einer geringfügigen, stundenweisen Tätigkeit nachgehen und teilweise ihren Bedarf selbst decken, so dass weiterhin ein Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Unterhalts in Höhe von 450,00 EUR bestehe.
Mit Schriftsatz vom 03.12.2021, eingegangen am gleichen Tag, hat der Antragsteller Beschwerde gegen den ihm am 08.11.2021 zugestellten Beschluss eingelegt. Die Beschwerde wurde mit Schriftsatz vom 04.01.2022 begründet.
Der Antragsteller ist der Auffassung,
die Antragsgegnerin habe einen erhöhten Betreuungsbedarf nicht substanziiert dargelegt. Allein die Erkrankung des Kindes rechtfertige diesen nicht. Die Antragsgegnerin könne daher eine Vollzeittätigkeit ausüben.
Der Antragsteller beantragt,
die Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers aus dem am 28.01.2016 geschlossenen Vergleich dahingehend abzuändern, dass der Antragsteller mit Wirkung ab 01.03.2021 nicht mehr zur Zahlung von Betreuungsunterhalt verpflichtet ist.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ver...