Rz. 388

Die Bedeutung der einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen ist groß; Unterhalt ist nämlich regelmäßig sehr eilig. Dies ist auch dem Gesetzgeber bekannt gewesen, weshalb der Antragsteller das ansonsten für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche dringende Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden (vgl. § 49 Abs. 1 FamFG) nicht darlegen und glaubhaft machen muss. Die einstweilige Unterhaltsanordnung ist vom Arrest, welcher in Unterhaltssachen aufgrund der Regelung des § 119 Abs. 2 S. 1 FamFG ebenfalls zulässig ist, zu unterscheiden: Während die einstweilige Unterhaltsanordnung die sofortige Befriedigung des Antragstellers bezweckt, dient der Arrest der Sicherung von künftigen Unterhaltsansprüchen.

 

Rz. 389

Der unterhaltsberechtigte Antragsteller hat ein Wahlrecht, ob er seinen Unterhaltsanspruch im Wege der einstweiligen Anordnung oder aber als Unterhaltshauptsacheverfahren verfolgt.[580] Letztlich wird er eine Abwägung treffen müssen; das Verfahren der einstweiligen Anordnung verläuft zügig, lässt aber mitunter aufgrund des summarischen Verfahrens die Richtigkeit vermissen. Auch fehlt es im Fall einer unrichtigen Entscheidung an der Möglichkeit, dagegen ein Rechtsmittel einzulegen, vgl. § 57 S. 1 FamFG. Das Hauptsacheverfahren ist gründlich, kann sich aber gerade deswegen lange Zeit hinziehen. Möglich und zulässig ist es aber auch, dass der Antragsteller beide Verfahren nebeneinander betreibt, vgl. auch § 51 Abs. 3 S. 1 FamFG.

[580] Vgl. auch Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, § 10 Rn 397.

I. Grundlagen des Verfahrens

1. Gesetzliche Regelungen

 

Rz. 390

Das FamFG regelt die einstweilige Unterhaltsanordnung grundlegend in den §§ 246 i.V.m. 4957 FamFG.[581] § 119 Abs. 1 S. 1 FamFG stellt klar, dass die einstweilige Anordnung in Familienstreitsachen, somit auch in Unterhaltssachen statthaft ist. Dies bestätigt auch die Vorschrift des § 246 FamFG, die im Übrigen als lex specialis die allgemeinen Anordnungsvoraussetzungen der §§ 4957 FamFG teilweise verdrängt.[582]

[581] Ausführlich zur einstweiligen Anordnung Götsche/Viefhues, ZFE 2009, 124 ff.
[582] Schürmann, FamRB 2008, 375, 376.

2. Anwaltliche Vertretung

 

Rz. 391

Die einstweilige Unterhaltsanordnung kann von dem Unterhaltsberechtigten ohne anwaltliche Mitwirkung beantragt und erwirkt werden, obwohl nach § 114 Abs. 1 Nr. 1 FamFG sämtliche Familienstreitsachen dem Anwaltszwang unterworfen wurden.

3. Streitwert

 

Rz. 392

Grundsätzlich ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung von der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Hauptsachewertes auszugehen, mithin vom sechsfachen Wert des Unterhaltsantrags, vgl. § 41 S. 2 FamGKG.[583] Allerdings kann der Streitwert bis zur Höhe des für die Hauptsache bestimmten Werts angehoben werden, wenn die einstweilige Anordnung die Hauptsache vorwegnimmt oder ersetzt.[584]

Wurde im einstweiligen Anordnungsverfahren der volle Kindesunterhalt geltend gemacht, so kann der Regelstreitwert (halber Wert des Hauptsacheverfahrens) bis zur Höhe des für die Hauptsache bestimmten Wertes nach Auffassung einiger Obergerichte angehoben werden.[585]

 

Rz. 393

Nach Auffassung des OLG Düsseldorf passt die generelle Regelung des § 41 FamGKG wegen der über die regelmäßig geringere Bedeutung einer einstweiligen Anordnung nach § 49 FamFG hinausgehenden Bedeutung einer einstweiligen Anordnung nach § 246 FamFG, die auf Leistung des vollen Unterhalts gehen kann, nicht ohne weiteres für die Wertfestsetzung in durch einstweilige Anordnung geregelten Unterhaltssachen. Zielen diese auf Leistung des vollen Unterhalts, das heißt nehmen sie damit die Hauptsache vorweg, fehlt eine Rechtfertigung, wegen "geringerer Bedeutung gegenüber der Hauptsache" den Verfahrenswert herabzusetzen.[586]

Jedenfalls der Verfahrenswert eines abschließenden Vergleichs im einstweiligen Anordnungsverfahren entspricht dem Wert der Hauptsache.[587]

[583] OLG Oldenburg FamRZ 2023, 74.
[584] Schneider, FamFR 2009, 109 (112).
[586] Vgl. dazu OLG Brandenburg, NZFam 2023, 330 mit Anm. Schneider.
[587] OLG Jena FamRZ 2012, 737; Fölsch, FamRZ 2012, 738.

4. Der Streitgegenstand der UnterhaltsAO

 

Rz. 394

Streitgegenstand eines einstweiligen Unterhaltsanordnungsverfahrens ist nicht der geltend gemachte Unterhaltsanspruch, sondern die Zulässigkeit seiner vorläufigen Durchsetzung. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung führt darum nicht zur Rechtshängigkeit des Anspruchs selbst und Entscheidungen in diesem Zusammenhang nicht zu einer Rechtskraftwirkung bezüglich des Unterhaltsanspruchs im Hauptsacheverfahren. Allerdings stellt der Unterhaltsanspruch die Grundlage für die einstweilige Anordnung dar. Die einstweilige Unterhaltsanordnung ist damit rein prozessualer Natur und schafft lediglich eine Vollstreckungsmöglichkeit wegen eines vorläufig als bestehend angenommenen materiell-rechtlichen Anspruches.

II. Der Antrag, § 51 Abs. 1 FamFG

 

Rz. 395

Der Erlass einer einstweiligen Unterhaltsanordnung setzt einen bestimmten vollstreckungsfähigen Antrag voraus. Insoweit unterscheidet sich die einstweilige Unterhaltsanordnung nicht von einem Hauptsacheverfahren bzw. Hauptsacheantrag.

Fol...

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