a) Kindschaftssachen

 

Rz. 175

Nicht selten sind mehrere auf die Kinder bezogene Anträge im FG-Verfahren gleichzeitig anhängig: Beide Eltern wollen jeder die Alleinsorge oder jeder das Aufenthaltsbestimmungsrecht; der eine will das Umgangsrecht geregelt haben, der andere möchte, dass es vollständig ausgeschlossen wird; der eine will die elterliche Sorge/Aufenthaltsbestimmung und verlangt Herausgabe, der andere beantragt Abweisung, hilfsweise Umgangsregelung. Im Abänderungsverfahren will ein Elternteil die Erweiterung, der andere die Herabsetzung des Umgangsrechts.

 

Rz. 176

Es ist zunächst zu fragen, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen. Liegen zwei Angelegenheiten vor, ist selbstverständlich, dass jedes Verfahren einen eigenen Wert hat; liegt nur eine Angelegenheit vor, ist zu prüfen, ob die Anträge denselben Gegenstand betreffen (dann der höhere Wert) oder ob sie selbstständig sind (dann Addition der Werte). § 39 FamGKG gilt für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ebenso wie für die Verfahren nach der ZPO.

 

Rz. 177

Der Widerantrag ist im FamFG nicht ausdrücklich geregelt. Aus § 20 FamFG lässt sich aber entnehmen, dass Antragshäufung sowie Wideranträge im FG-Verfahren möglich sind.

Dann erhebt sich die Frage, ob die verschiedenen Anträge "denselben Gegenstand" betreffen.[260] Das OLG Düsseldorf[261] hatte über den Antrag der Mutter auf vollständigen Ausschluss des väterlichen Umgangsrechts sowie über den Antrag des Vaters auf Regelung eines Umgangsrechts zu entscheiden. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die beiden Anträge sich nicht selbstständig gegenüber stehen, weil die Zuerkennung des Antrags der Mutter auf Ausschluss notwendig zur Abweisung des gegnerischen Antrags auf Regelung des Umgangsrechts führe. Es sei also nur ein Wert anzusetzen, entsprechend der Identitätsformel zu § 39 FamGKG, die auch hier gelte. Mit dieser Begründung lassen sich auch die anderen zitierten Fälle im gleichen Sinn lösen.

 

Rz. 178

Es gibt aber Fälle, in denen diese Lösung durchaus in Zweifel gezogen werden kann. Bei beiderseitigen Sorgerechts- oder Aufenthaltsbestimmungsanträgen kann man wohl von einer "gleichen Elternangelegenheit" spricht. In den anderen Fällen ist der Streitstoff nicht identisch. Wenn der Antrag der Mutter auf Ausschluss des Umgangsrechts abgewiesen wird, heißt das nicht, dass der Antrag des Vaters auf Ausdehnung des Umgangsrechts begründet ist. Mit den gleichen Überlegungen, wie sie für den Widerantrag im Unterhalt und Zugewinn angestellt wurden, sollte auch hier vorgegangen werden und differenzierte Lösungen erarbeitet werden.

Soweit es dabei bleibt, dass keine Wertaddition stattfindet, sind § 44 Abs. 3 und § 45 Abs. 3 FamGKG (Billigkeitsklausel) zu berücksichtigen.

 

Rz. 179

Bezieht sich der Antrag auf das eine, der Widerantrag auf das andere Kind, liegen unbestreitbar mehrere "Gegenstände" vor. Dennoch ist es wohl richtig, im Hinblick auf die Regelung in § 44 Abs. 2 S. 1, § 45 Abs. 2 FamGKG als einen Gegenstand zu bewerten. Auch insoweit ist an § 44 Abs. 3, § 45 Abs. 3 FamGKG zu denken.

[260] Wechselseitige Anträge zur selben Kindschaftssache haben stets nur den einfachen Wert HK-FamGKG/Thiel, Verfahrenswert-ABC Rn 328.

b) Ehewohnung/Haushaltsgegenstände

 

Rz. 180

Wenn beide Parteien den gleichen Haushaltgegenstand zugewiesen erhalten haben wollen, erhöht sich allein dadurch der Gegenstandswert des Verfahrens nicht.[262] Hierzu wird vertreten, dass auch dann, wenn Antrag und Widerantrag vorliegen, nur der Regelwert des § 48 FamGKG gilt.[263] Wenn sich freilich ein Antrag auf die Ehewohnung und der Widerantrag auf Haushaltsgegenstände beziehen, ist selbstverständlich, dass dann die Werte zusammengerechnet werden.

[262] Schneider/Herget/Thiel (für die Wohnungszuweisung), Rn 7322.
[263] HK-FamGKG/N. Schneider, § 39 Rn 12.

c) Versorgungsausgleich

 

Rz. 181

Im Versorgungsausgleich werden (§ 50 FamGKG) die einzelnen Anwartschaften pauschal bewertet. Wenn der Streit um Anwartschaften geht, die auf diese Weise bereits bewertet sind, ist an eine Addition nicht zu denken. Macht eine Partei geltend, die andere hätte noch eine Anwartschaft, die sie nicht angegeben hat und nimmt das Gericht entsprechende Ermittlungen auf, ist für das behauptete weitere Anrecht ein weiterer pauschaler Wert anzusetzen, auch wenn sich herausstellt, dass dieses Anrecht nicht besteht.

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