Rz. 35
Mehrwertsteuer kann nur noch verlangt werden, wenn diese auch tatsächlich angefallen ist und nachgewiesen wird. § 249 Abs. 2 BGB ist mit Wirkung vom 1.8.2002 um folgenden Absatz ergänzt worden:
Zitat
"Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Mehrwertsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist."
Rz. 36
Die bislang in der Rechtsprechung zugelassene fiktive Schadenabrechnung wird somit erheblich eingeschränkt, berücksichtigt jedoch den Umstand, dass die Mehrwertsteuer bei Reparaturunternehmen ein durchlaufender Posten ist. Die Forderung der Versicherungswirtschaft, bei fiktiver Schadenabrechnung auch Steuern, Abgaben und Lohnnebenkosten der Werkstattunternehmen zu berücksichtigen, hat sich nicht durchgesetzt.
Rz. 37
Die Neufassung von § 249 BGB führt zu dem – vom Gesetzgeber in Kauf genommenen – Ergebnis, dass der Geschädigte bei einem Totalschaden nur dann die Mehrwertsteuer erhält, wenn er auch tatsächlich ein mehrwertsteuerpflichtiges Geschäft tätigt und nachweist; dies gilt auch bei Totalschadenabrechnung für die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Bei einem Gebrauchtwagenkauf fällt Mehrwertsteuer nur auf den Gewinnanteil des Gebrauchtwagenhändlers an (Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG), die mit 2 % vom Gesamtkaufpreis gem. § 287 zu schätzen ist.
Rz. 38
Wenn der Geschädigte statt der Reparatur eine Ersatzbeschaffung vornimmt, kann er die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer geltend machen, begrenzt auf die Mehrwertsteuer bei Durchführung der notwendigen Reparaturarbeiten.
Rz. 39
Bei älteren Fahrzeugen, die nur noch auf dem privaten Markt angeboten werden, erfolgt kein Mehrwertsteuerabzug, sodass der von einem Sachverständigen ermittelte Wiederbeschaffungswert ungekürzt zu erstatten ist, auch wenn keine Ersatzbeschaffung nachgewiesen wird.
Rz. 40
Wenn der Sachverständige einen Brutto-Wiederbeschaffungswert ermittelt hat, kann der Geschädigte bis zur Höhe dieses Betrages – unter Abzug des Restwertes – die Kosten eines Ersatzkaufs geltend machen. Auf die Frage, ob und inwieweit in dem kalkulierten Wiederbeschaffungswert Mehrwertsteuer enthalten ist, kommt es nicht an. Der Geschädigte kann daher nach Geltendmachung der Differenzsteuer von 2 % nicht nachträglich weitere 17 % gem. § 25 UstG geltend machen. Obergrenze bleibt der Brutto-Wiederbeschaffungswert.
Rz. 41
Verzichtet der Geschädigte auf eine Ersatzbeschaffung, ist der Brutto-Wiederbeschaffungswert um die darin enthaltene Umsatzsteuer zu kürzen. Hierbei kommt es darauf an, ob entsprechende Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 UStG regelbesteuert oder nach § 25a UStG differenzbesteuert oder von privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden.
Rz. 42
Der Geschädigte, der vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist nicht verpflichtet, zur Schadenminderung nur ein regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben.
Rz. 43
Bei Ersatzbeschaffung statt Reparatur steht dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung keine Umsatzsteuer angefallen ist.
Folgerichtig ist bei Totalschaden eines Leasingfahrzeugs die Mehrwertsteuer nicht zu erstatten.
Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadenabrechnung, ist die im Rahmen einer Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer nicht erstattungsfähig. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadenabrechnung ist insoweit unzulässig.