Rz. 117
Der Bundesgerichtshof hat sich in mehr als 50 Entscheidungen mit der Frage befasst, ob und inwieweit bei der Ermittlung der "erforderlichen" Mietwagenkosten Mietpreisspiegel zu berücksichtigen sind. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es jeweils dem Tatrichter überlassen, welchen Mietpreisspiegel er im Rahmen seiner Schätzung gem. § 287 ZPO als Vergleichsgrundlage heranzieht. Zulässig sind sowohl der Schwacke-Mietpreisspiegel als auch der Fraunhofer-Mietpreisspiegel sowie ein Mittelwert ("Fracke" oder "Schwackhofer").
a) Schwacke-Mietpreisspiegel
Rz. 118
Die Rechtsprechung hat sich zunächst überwiegend am Schwacke-Mietpreisspiegel orientiert, da dieser übersichtlich strukturiert ist und die richterliche Arbeit erleichtert. Der Schwacke-Mietpreisspiegel übersteigt die Mietpreise im Fraunhofer-Mietpreisspiegel um mehr als 100 %, sodass zwischenzeitlich ein Umdenkungsprozess stattgefunden hat und immer mehr Gerichte dazu neigen, den Fraunhofer-Mietpreisspiegel oder den Mittelwert heranzuziehen.
b) Fraunhofer-Mietpreisspiegel
Rz. 119
Der Schwacke-Mietpreisspiegel beruht auf einer Selbstauskunft der Mietwagenunternehmen, denen auch mitgeteilt worden war, für welche Zwecke die Erhebung erfolgte. Demgegenüber beruht der Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts auf einer anonymen Marktuntersuchung. Dieser Mietpreisspiegel ist daher objektiv und die einzig richtige Schätzungsgrundlage für die Ermittlung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten.
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Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom 14.10.2008 aus, dass es dem Tatrichter nicht verwehrt ist, sich den Bedenken gegenüber der Schwacke-Liste anzuschließen und den Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts zur Berechnung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten heranzuziehen. Diese Auffassung hat das OLG Köln in einer weiteren Entscheidung vom 21.8.2009 bestätigt. |
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Das OLG Köln führt aus, dass der Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts Anlass bietet "die in der Schwacke-Liste ausgewiesenen Werte in Zweifel zu ziehen". Der Geschädigte muss für die Angemessenheit der angefallenen Mietwagenkosten den Beweis durch Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens antreten. |
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Ebenso heißt es in der Entscheidung des OLG München, dass die Studie des Fraunhofer-Instituts zugrunde zu legen ist, "weil die befragten Firmen, anders als bei Erstellung der Schwacke-Liste, nicht wussten, dass ihre Antwort zur Grundlage einer Marktuntersuchung über die Höhe der Mietwagenpreise gemacht wurden". |
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Das OLG Hamburg hält ebenfalls den Fraunhofer-Marktpreisspiegel als geeignete Schätzgrundlage für marktübliche Mietwagenkosten. Dies wird damit begründet, dass, anders als bei der Erhebung der Daten für die Schwacke-Tabellen, die Mietpreise anonym erfragt wurden. |
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Das OLG Jena führt ebenfalls aus, dass der Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts Anlass bietet, "die in der Schwacke-Liste 2006 ausgewiesenen Werte in Zweifel zu ziehen". Es wird darauf hingewiesen, dass die Erhebungen des Fraunhofer-Instituts anonym und ohne Offenlegung über den Zweck der Abfrage erfolgt ist. |
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Das OLG Köln hat nochmals eingehend begründet, weshalb die Erhebungsmethode des Fraunhofer-Instituts dem Schwacke-Mietpreisspiegel überlegen ist. Der Schwacke-Mietpreisspiegel beruht auf einer schriftlichen Befragung, deren Zweck offen zu Tage lag, während dem Fraunhofer-Mietpreisspiegel 75.000 Einzelangaben aus einer anonymen Internet-Abfrage zugrunde gelegt worden sind. Gerade diese Anonymität der Erhebung ist nach Auffassung des OLG Köln zuverlässiger. Weiter heißt es in dieser Entscheidung, dass die prozentualen Zuschläge aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel immer dann ausscheiden, wenn die Anmietung eines Fahrzeugs nicht unmittelbar nach dem Unfallereignis erfolgt ist. |