Rz. 168
Es besteht die Möglichkeit nach § 142 ZPO, dass das Gericht – ggf. unter Fristsetzung – von Amts wegen die Vorlage von Urkunden nicht nur durch die Parteien, sondern auch durch Dritte anordnet, sofern dem Dritten dies zumutbar ist und er kein Zeugnisverweigerungsrecht hat. Zwangsmittel stehen gegenüber dem Dritten wie gegenüber einem Zeugen zur Verfügung. Bedeutung kommt der Vorschrift in Erbenfeststellungsprozessen in Bezug auf die Vorlage von Schriftstücken zu, die Testamentsqualität haben können, bspw. eines an einen Dritten gerichteten eigenhändig geschriebenen Briefes. Allerdings sind an die Feststellung, dass ein Brief vom Erblasser mit ernstlichem Testierwillen verfasst worden ist, strenge Anforderungen zu stellen.
Rz. 169
Gleiches gilt für die Patientenkartei eines Arztes in Bezug auf Fragen der Geschäfts- oder Testierfähigkeit, sofern diesem kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. So kann bspw. einem Arzt aufgegeben werden, seine Patientenkartei über den Erblasser vorzulegen. Nach der Rechtsprechung des BGH steht dem Arzt im Grundsatz kein Zeugnisverweigerungsrecht zu, weil er als von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden angesehen werden kann.
Ist die Frage der Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht streitig, so kann darüber im Zivilprozess gem. § 387 ZPO ein Zwischenurteil erlassen werden, das mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann, § 387 Abs. 3 ZPO. Das Gleiche gilt für das Erbscheinsverfahren gem. § 30 FamFG i.V.m. § 387 ZPO. Dort wäre es allerdings ein Zwischenbeschluss. In § 142 ZPO ist auf den Zeugenbeweis verwiesen, vgl. § 142 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Rz. 170
Die Vorlage eigenhändig vom Erblasser verfasster Schriftstücke ist entscheidend bei einem Streit über die Formgültigkeit eines privatschriftlichen Testaments (§ 2247 Abs. 1 BGB) für die Erstellung eines kriminaltechnischen bzw. grafologischen Gutachtens, das ohne eine Vergleichsschrift nicht auskommt.
Rz. 171
§ 30 FamFG enthält Vorschriften über eine förmliche Beweisaufnahme in Form des Strengbeweises. Zunächst kann allerdings das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der ZPO feststellt. Gemäß § 30 Abs. 2 FamFG hat eine förmliche Beweisaufnahme stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz vorgesehen ist.
Rz. 172
Nach § 411a ZPO kann ein in einem anderen Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten beigezogen und verwertet werden. Eine Verwertung eines in einem anderen Verfahren eingeholten Gutachtens setzt einen Hinweis an die Parteien auf das beabsichtigte Verfahren voraus, damit diese noch vor der Verwertung des Gutachtens in der abschließenden Entscheidung des Gerichts Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Ein unterlassener Hinweis würde das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzen.
Rz. 173
Nach § 144 Abs. 1 S. 2 ZPO kann die Herausgabe von Gegenständen nicht nur durch eine Partei, sondern auch durch einen Dritten zum Zwecke der Durchführung einer Beweisaufnahme angeordnet werden.
Urkunden sind generell zuverlässigere Beweismittel als Zeugenaussagen. Deshalb ist es für eine beweispflichtige Partei von Vorteil, wenn ein Dritter schriftliche Unterlagen, bspw. einen Überweisungsbeleg, vorlegen kann. Dritter kann auch der zuständige Mitarbeiter einer Bank sein, die Kontounterlagen wenigstens in der Form von Mikrofilmen besitzt.