Rz. 257
Der Notar unterliegt nach § 18 BNotO der Schweigepflicht. Wenn er zu Umständen der Beurkundung, u.a. über seine Wahrnehmungen betreffend die Geschäfts- und Testierfähigkeit, Aussagen machen soll – vor Gericht oder gegenüber einem Beteiligten außerhalb eines Rechtsstreits –, so muss er von der Schweigepflicht entbunden werden. Die Entbindung nehmen nach § 18 BNotO grundsätzlich die Beurkundungsbeteiligten selbst vor. Kann die Entbindungserklärung von einem Beteiligten nicht beigebracht werden, bspw. weil er verstorben ist, so wird der Notar anstelle des Verstorbenen vom Präsidenten des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat, von der Schweigepflicht entbunden. Eine mutmaßliche Einwilligung eines verstorbenen Erblassers ist nicht entscheidend.
Rz. 258
Zum Zeugnisverweigerungsrecht des Notars führt der BGH im Beschl. v. 9.12.2004 – IX ZB 279/03 aus:
Zitat
a) Das Zeugnisverweigerungsrecht des Notars erstreckt sich auf den gesamten Inhalt der notariellen Verhandlung einschließlich der Umstände, die der Notar anläßlich der Verhandlung erfährt; sie müssen ihm nicht besonders anvertraut worden sein.
b) Von dem Zeugnisverweigerungsrecht werden grundsätzlich auch schriftliche Änderungsvorschläge erfaßt, die dem Notar zur Vorbereitung des Beurkundungstermins übersandt wurden; ob sie vor der Beurkundung anderen Urkundsbeteiligten oder ihren anwaltlichen Beratern zugänglich gemacht werden sollten, ist unerheblich.
Rz. 259
Gerade bei außergerichtlicher Streitschlichtung, etwa durch einen Testamentsauslegungsvertrag (Erbschaftsvergleich), aber auch bei einem Erbschaftsschiedsgericht kommt die Einholung einer Auskunft bei dem Notar in Betracht, der eine Verfügung von Todes wegen beurkundet hat. Auch in diesen Fällen ist eine Befreiung des Notars von der Schweigepflicht erforderlich, aber auch möglich (vgl. die nachfolgenden Muster für Anträge auf Entbindung des Notars von der Schweigepflicht – in einem Rechtsstreit und außerhalb eines Rechtsstreits, Rdn 264 f.).
Rz. 260
In Baden-Württemberg gab es bis 31.12.2017 auch beamtete Notare. Sie sind nicht nur von der Schweigepflicht nach § 18 BNotO zu befreien, sondern auch von der beamtenrechtlichen Schweigepflicht nach den Beamtengesetzen. Dafür ist der Dienstvorgesetzte zuständig. Dies ist in den meisten Fällen ebenfalls der Präsident des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hatte; vgl. § 376 ZPO.
Rz. 261
Das OLG Frankfurt geht davon aus, dass bezüglich Fragen der Geschäfts- und Testierfähigkeit sowie der sonstigen Umstände über das Zustandekommen einer Verfügung von Todes wegen von einer stillschweigenden Entbindung des Notars und eines Rechtsanwalts von ihrer Schweigepflicht von Seiten des Erblassers ausgegangen werden könne. Dies erscheint zu weitgehend. Gerade bei der Verschwiegenheitspflicht des Notars wird in der Praxis grundsätzlich die Befreiungsmöglichkeit durch den Präsidenten des Landgerichts nach § 18 BNotO wahrgenommen.
Rz. 262
Die Feststellungen des Notars über die Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit, die gem. § 28 BeurkG in die Urkunden aufgenommen werden sollen, erbringen zwar nicht den Beweis für die Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit i.S.d. §§ 415 ff. ZPO, sind aber im Prozess und im FG-Verfahren gem. § 286 ZPO, §§ 26, 29, 30 FamFG zu würdigen.
Rz. 263
Ein Erbe, dem vom Erblasser zu Lebzeiten eine Generalvollmacht erteilt worden war, kann eine Verfügung, durch die anstelle des verstorbenen Beteiligten die Aufsichtsbehörde einen Notar von der Verschwiegenheitspflicht befreit, nicht mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechten.