Norbert Schneider, Lotte Thiel
aa) Befreiung von einer Verbindlichkeit
Rz. 69
Wird die Befreiung von einer Verbindlichkeit verlangt, richtet sich der Wert nach § 42 Abs. 1, 3 FamGKG. Maßgebend ist der Betrag der Geldforderung, von der freizustellen ist. Die anteilige Haftung im Innenverhältnis ist entgegen mancher gerichtlicher Entscheidungen und Leitsätze grundsätzlich irrelevant. Es kommt auf den Antrag an.
Beispiel 15: Antrag auf Befreiung von einer Verbindlichkeit (I)
Die Ehefrau beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie von einer Arztrechnung in Höhe von 1.200,00 EUR aus der Behandlung der gemeinsamen Kinder freizustellen.
Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG auf den Wert in Höhe von 1.200,00 EUR.
Beispiel 16: Antrag auf Befreiung von einer Verbindlichkeit (II)
Die Ehefrau beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie von einer Arztrechnung in Höhe von 1.200,00 EUR aus der Behandlung der gemeinsamen Kinder in Höhe der Hälfte freizustellen.
Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG jetzt nur auf 600,00 EUR.
Rz. 70
Soweit bei gesamtschuldnerischer Haftung nur die Freistellung in Höhe des Mithaftungsanteils verlangt wird, ist nur dieser maßgebend.
Beispiel 17: Antrag auf anteilige Befreiung von einer gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit (I)
Die Ehefrau beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie von der hälftigen Haftung aus einem überzogenen Girokonto freizustellen.
Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG auf die Hälfte der freizustellenden Forderung.
Rz. 71
Soweit bei gesamtschuldnerischer Haftung dagegen die vollständige Freistellung verlangt wird, ist der volle Betrag maßgebend. Ob der Antrag begründet ist, spielt für den Verfahrenswert keine Rolle.
Beispiel 18: Antrag auf anteilige Befreiung von einer gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit (II)
Die Ehefrau beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie von der vollständigen Haftung aus einem überzogenen Girokonto freizustellen.
Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG auf die Hälfte der freizustellenden Forderung.
Rz. 72
Soweit die Freistellung zukünftiger Beträge verlangt wird, ist grundsätzlich der Gesamtbetrag maßgebend.
Beispiel 19: Antrag auf anteilige Befreiung von zukünftigen Verbindlichkeiten (I)
Die Ehefrau beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie von den laufenden Darlehnsraten aus einem gemeinsam aufgenommenen Kredit freizustellen.
Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG auf die Gesamtsumme aller zukünftigen Darlehnsraten. Eine Begrenzung ist hier nicht vorgesehen.
Rz. 73
Soweit nur anteilige Freistellung beantragt wird, ist der entsprechende Anteil der zukünftigen Beträge maßgebend.
Beispiel 20: Antrag auf anteilige Befreiung von zukünftigen Verbindlichkeiten (II)
Die Ehefrau beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie von den laufenden Darlehnsraten aus einem gemeinsam aufgenommenen Kredit hälftig freizustellen.
Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG auf die Hälfte der Gesamtsumme aller zukünftigen Darlehnsraten.
Beispiel 21: Antrag auf anteilige Befreiung von zukünftigen Verbindlichkeiten (III)
Aus einem gemeinsam aufgenommenen Kredit zahlt der Ehemann nur die Hälfte der Darlehnsraten. Die Ehefrau beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie von der weiteren Hälfte freizustellen.
Der Verfahrenswert beläuft sich auch hier gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nur auf die Hälfte der Gesamtsumme aller zukünftigen Darlehnsraten, da nur insoweit Streit besteht.
Rz. 74
Bei Freistellung von Unterhaltsforderungen ist im Rahmen des § 42 Abs. 1 FamGKG die Vorschrift des § 51 FamGKG ergänzend heranzuziehen.
Beispiel 22: Antrag auf anteilige Freistellung von Unterhaltsansprüchen
Die Ehefrau beantragt, den Ehemann zu verpflichten, sie aufgrund einer dahingehenden Vereinbarung von Unterhaltsansprüchen eines gemeinsamen volljährigen Kindes freizustellen.
Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG in entsprechender Anwendung auf den Jahresbetrag der zukünftigen Unterhaltsbeträge (§ 51 Abs. 1 FamGKG) zuzüglich der bei Einreichung fälligen Beträge (§ 51 Abs. 2 FamGKG).
Rz. 75
Bei sonstigen wiederkehrenden Leistungen kann eine Begrenzung in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO in Betracht kommen.
bb) Herausgabe von Gegenständen
Rz. 76
Wird die Herausgabe von Gegenständen verlangt, ist nach § 42 Abs. 1 FamGKG auf deren Verkehrswert abzustellen.
cc) Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung
Rz. 77
Wird eine Nutzungsentschädigung für die vormalige Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung geltend gemacht, also nach § 745 BGB – oder geht man auch schon für die Zeit der Trennung von einem solchen Anspruch aus –, so ist § 48 Abs. 1 FamGKG unanwendbar, weil es sich nicht mehr um eine Ehewohnungssache handelt, sondern um eine sonstige Familienstreitsache i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG. Die Gegenauffassung des OLG Hamm (6. Senat), das die Vorschrift des § 48 Abs. 1 FamGKG entsprechend anwenden will, ist abzulehnen.
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