Prof. Dr. Thomas Reich, Prof. Dr. Ulrich Voß
Rz. 88
Häufig finden sich in letztwilligen Verfügungen Regelungen, wie der Nachlass zwischen mehreren Miterben aufzuteilen ist. Für die Erbschaftsteuer in Deutschland sind solche Teilungsanordnungen des Erblassers bei Geltung des inländischen Erbstatuts irrelevant. Es kommt nur darauf an, was der Erbe von Todes wegen unmittelbar durch den Erbfall erlangt hat, § 11 ErbStG. Unmittelbar durch den Erbfall hat der Erbe aber nur einen seiner Erbquote entsprechenden Anteil am Weltvermögen des Erblassers erlangt. Da es für die Besteuerung in Deutschland auf diese, bereits durch den Todesfall eintretende Vermögenszuordnung ankommt, ist die nachfolgende Erbauseinandersetzung – unabhängig davon, ob die Vermögensverteilung unter Beachtung der Teilungsanordnungen oder durch freiwillige Einigung erfolgt – jedenfalls erbschaftsteuerlich irrelevant. Dies kann im Bereich des internationalen Steuerrechts gerade dann sehr nachteilig sein, wenn eine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland nur wegen der persönlichen Verhältnisse einzelner Miterben, nicht aber wegen der Person des Erblassers, besteht und auch im Ausland belegenes Vermögen vorhanden ist, das Erben erhalten sollen, die im Inland nur beschränkt steuerpflichtig sind.
Beispiel:
Erblasser E ist verstorben und hat seinen Sohn S und seine Tochter T zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt. Die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland liegen nur für S vor, nicht aber für E und T. Das Vermögen von E, das ausschließlich aus Grundbesitz besteht, befindet sich jeweils zur Hälfte in Deutschland, zur Hälfte im Ausland. E verfügt durch Teilungsanordnung, dass sein in Deutschland belegenes Vermögen Sohn S und die Auslandsgrundstücke Tochter T bekommen soll.
Wenn für die Besteuerung ausschließlich die Erbquote am Gesamtnachlass maßgeblich ist, ist es irrelevant, wer aufgrund einer Teilungsanordnung oder einer freiwilligen Erbauseinandersetzung welches Vermögen bekommt. Sohn S muss im Rahmen der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht entsprechend seiner Erbquote die Hälfte des in Deutschland und die Hälfte des im Ausland belegenen Vermögens versteuern. Tochter T versteuert im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht entsprechend ihrer Erbquote das deutsche "Inlandsvermögen" i.S.d. § 121 BewG, also "ihre Hälfte" des in Deutschland belegenen Vermögens. Im Ergebnis sind somit 3/4 des Nachlasses in Deutschland steuerpflichtig.
Rz. 89
Für die Erbschaftsbesteuerung in Deutschland soll die durch den Erbfall eintretende Vermögenszuordnung maßgeblich sein. Angenommen, es käme in einem Sachverhalt ein ausländisches Erbstatut zur Anwendung, in dem eine Teilungsanordnung eine unmittelbare rechtliche Zuordnung zur Folge hat (dingliche Wirkung), stellt sich aber die Frage, ob dies Auswirkungen auf die Besteuerung in Deutschland hätte. Möglicherweise könnte dann argumentiert werden, dass durch die dinglich wirkende Teilungsanordnung das Vermögen bereits im Erbfall anderweitig zugeordnet gewesen sei, so dass nicht mehr der Weltnachlass quotal besteuert werden dürfe, sondern die mit dinglicher Wirkung eingetretene Vermögensverteilung beachtet werden müsse und es für die Besteuerung auf die Wertverhältnisse der einzelnen Vermögensgegenstände zum Zeitpunkt des Todes ankommt.
Rz. 90
Die Frage, wie eine nach dem ausländischen Erbstatut angeordnete dinglich wirkende Teilungsanordnung im Inland erbschaftsteuerlich behandelt wird, ist – soweit ersichtlich – noch nicht abschließend geklärt. Das Institut der dinglich wirkenden Teilungsanordnung findet in Deutschland am ehesten in den qualifizierten Nachfolgeklauseln in Gesellschaftsverträgen oder der Hoferbenbestimmung nach Höferecht eine Entsprechung, die zu einer sog. Sondererbfolge "außerhalb des Nachlasses" führt. Trotz des unmittelbaren Übergangs des Gesellschaftsanteils auf den Gesellschafternachfolger bzw. des Hofes auf den Hoferben werden diese bisher als steuerlich unbeachtlich behandelt. Der Gesellschaftsanteil bzw. Hof werden mit ihrem Steuerwert dem Gesamtsteuerwert des Nachlasses zugerechnet, der jedem Miterben entsprechend seiner Erbquote zugerechnet wird. Ob sich hierdurch etwas ändert, weil nunmehr zumindest Betriebsvermögensbegünstigungen nur noch dem Bedachten (aber nicht allen Erben) zugutekommen, der den Betrieb fortführt (§ 13a Abs. 5 ErbStG; für vermietete Immobilien findet sich eine vergleichbare Regelung in § 13d Abs. 2 ErbStG), ist bisher nicht abschließend entschieden. Unter Berücksichtigung der nunmehr geltenden Vergünstigungen für Betriebsvermögen könnte allerdings argumentiert werden, dass diese die Erheblichkeit von später eintretenden Umständen, also Veränderungen nach dem Erbfall, auch für den Bereich der Erbschaftsteuer zugrunde legen. Hierdurch ließen sich etwa auch Härten bei der Besteuerung von Vorgängen nach dem Höferecht vermeiden. Ferner könnten auch mögliche Wertungswidersprüche vermieden werden, soweit nach der Rechtsprechung des EuGH im Bereich des internationalen Erbrech...