Prof. Dr. Thomas Reich, Prof. Dr. Ulrich Voß
Rz. 68
Gibt es keine persönlichen Anknüpfungsmerkmale für eine unbeschränkte Steuerpflicht, ist zu prüfen, ob sich aufgrund von sachlichen Anknüpfungsmerkmalen zumindest eine auf bestimmte Vermögensgegenstände beschränkte Steuerpflicht ergibt. Ist aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Erblassers oder der Begünstigten keine Besteuerung möglich, versuchen viele Staaten, zumindest das im eigenen Hoheitsgebiet belegene Vermögen zu besteuern (Territorialitätsprinzip). Für jedes einzelne Land ist dann zu untersuchen, wie der Begriff des "im Inland belegenen Vermögens" (dort) definiert bzw. ausgelegt wird.
Rz. 69
Einige Staaten, z.B. die USA, besteuern fast das gesamte Vermögen, das einen Inlandsbezug aufweist, wobei die physische Belegenheit ausreichend sein kann, andere Länder, wie z.B. Luxemburg, besteuern nur den im eigenen Land belegenen Grundbesitz mittels einer Nachlasssteuer. Deutschland geht einen Mittelweg und besteuert deutlich mehr als den im Inland belegenen Grundbesitz, versucht aber zu berücksichtigen, ob das Vermögen leicht in ein anderes Land verlagert werden kann. So stellen Bankguthaben, auch solche, die bei einer deutschen Bank im Inland angelegt sind, beispielsweise kein Inlandsvermögen dar, da eine entsprechende Besteuerungsvorschrift nur dazu führen würde, dass "nur" beschränkt Steuerpflichtige keine Kontoguthaben mehr in Deutschland unterhalten, sondern diese in das Ausland verlagern würden. Während eine Besteuerung von Bankguthaben im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nur zur Anlage des Kapitals im Ausland führen würde ("Kapitalflucht"), stellen hingegen Forderungen, die durch Grundpfandrechte gesichert sind, aus deutscher Sicht Inlandsvermögen dar, das im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht besteuert wird.
Rz. 70
Zitat
§ 121 BewG Inlandsvermögen
Zum Inlandsvermögen gehören:
1. |
das inländische land- und forstwirtschaftliche Vermögen; |
2. |
das inländische Grundvermögen; |
3. |
das inländische Betriebsvermögen. Als solches gilt das Vermögen, das einem im Inland betriebenen Gewerbe dient, wenn hierfür im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist; |
4. |
Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Gesellschaft Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und der Gesellschafter entweder allein oder zusammen mit anderen ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mindestens zu einem Zehntel unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist; |
5. |
nicht unter Nummer 3 fallende Erfindungen, Gebrauchsmuster und Topographien, die in ein inländisches Buch oder Register eingetragen sind; |
6. |
Wirtschaftsgüter, die nicht unter die Nummern 1, 2 und 5 fallen und einem inländischen Gewerbebetrieb überlassen, insbesondere an diesen vermietet oder verpachtet sind; |
7. |
Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und andere Forderungen oder Rechte, wenn sie durch inländischen Grundbesitz, durch inländische grundstücksgleiche Rechte oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert sind. Ausgenommen sind Anleihen und Forderungen, über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind; |
8. |
Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, wenn der Schuldner Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat; |
9. |
Nutzungsrechte an einem der in den Nummern 1 bis 8 genannten Vermögensgegenstände. |
Rz. 71
Liegen die Voraussetzungen einer unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht nicht vor, können in Deutschland nur die vorstehend genau bezeichneten Vermögensgegenstände besteuert werden. Nunmehr wird allerdings auch ein Anspruch auf Übertragung von Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG von § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG erfasst, wenn die Steuer für diesen Erwerb nach dem 27.3.2024 entsteht.
Rz. 72
Der Steuerpflichtige hat gleichwohl im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht zahlreiche Möglichkeiten, eine Besteuerung in Deutschland zu vermeiden. Dies gilt sogar für im Inland belegenes Grundvermögen. Wird beispielsweise ein in Deutschland belegenes Grundstück vererbt, ist dieses, unabhängig vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers oder Erben, in Deutschland immer erbschaftsteuerpflichtig. Werden Grundstücke in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, handelt es sich zumindest nicht mehr um Inlandsvermögen i.S.d. § 121 Nr. 2 BewG; vererbt werden nämlich nicht die Grundstücke selbst, sondern Kapitalgesellschaftsanteile (dazu § 121 Nr. 4 BewG). Wird das Grundstück in eine ausländische Kapitalgesellschaft eingebracht, ist allerdings zusätzlich das jeweilige nationale (ausländische) Recht zu beachten, da andere Länder möglicherweise Kapitalgesellschaften als transparent behandeln, insbesondere wenn diese über einen bestimmten Umfang hinaus bestimmtes Inlandsvermögen (z.B. Grundstücke) halten.
Rz. 73
Wird das Grundstück in eine...