Rz. 322

Für den Fall, dass der Auftraggeber mehr als einen Anwalt beauftragt hat (Prozessbevollmächtigter/Unterbevollmächtigter), zahlt auch eine Rechtsschutzversicherung nicht die gesamte Vergütung beider RA. Die meisten Versicherungsgesellschaften haben bedingungsgemäß (Allgemeine Rechtsschutz Bedingungen = ARB) vereinbart, dass eine Zahlung für einen weiteren RA nur erfolgt, wenn der Gerichtsort mehr als 100 km Luftlinie vom Wohnsitz des Versicherungsnehmers (Auftraggebers) entfernt ist. Regelmäßig wird ein RA bei einer Entfernung von 100 km Luftlinie Termine noch selbst wahrnehmen und keinen zweiten Kollegen einschalten (§ 2 (1) lit. a; s. ARB 75, 5 (1) lit. a Satz 2 ARB 94/2000).

 

Rz. 323

Ist allerdings der gesetzliche Gegenstandswert so gering, dass die Wahrnehmung des Termins aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht erfolgen kann, ist der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zwingend geboten.

 

Beispiel:

Bei einem Gegenstandswert von 300,00 EUR kann der RA wirtschaftlich sinnvollere Tätigkeiten im Büro ausüben, als den Gerichtstermin zu der zu erwartenden niedrigen gesetzlichen Vergütung wahrzunehmen. Auch – oder gerade – die in Teil 7 VV RVG befindliche Auslagen – Abwesenheitsgelder – rechtfertigen es wegen ihrer niedrigen Höhe nicht, dass der RA den Termin wahrnimmt.

 

Rz. 324

Für den Fall einer vorliegenden Kostendeckungszusage (oder Kostenübernahmeerklärung) müssen Sie die Versicherung von der Einschaltung des zweiten RA informieren. Sinnvoll ist darüber hinaus, die Versicherung über die beabsichtigte Kostenquote zu informieren. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Vergleich unter Widerrufsvorbehalt vereinbart wird. Bei einem sofort wirksamen Vergleich, haben Sie keine Möglichkeit, die Versicherung vorab zu informieren. Hier sollte der RA, der den Termin wahrnimmt, auf das richtige Kostenverhältnis achten, denn nach Abschluss des Vergleichs können Sie die Kostenvereinbarung nur noch schwer ändern (sehr selten möglich, denn warum sollte die andere Partei freiwillig eine weitere Verpflichtung übernehmen? Das Verfahren ist für diese durch den Vergleich beendet).

 

Rz. 325

Die Rechtsschutzversicherung zahlt üblicherweise bei der Hinzuziehung eines zweiten RA

 
entweder eine 1,0 Verfahrensgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 13 Nr. 3400, 3100 VV RVG
oder die zusätzliche 0,65 Verfahrensgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 13 Nr. 3401, 3100 VV RVG.

(Das vorstehende Beispiel bezieht sich auf das gerichtliche Verfahren erster Instanz).

 

Rz. 326

Einigungsgebühren für zwei Anwälte auf Seiten des Versicherungsnehmers werden nicht erstattet. Auch hier müssen Sie den Auftraggeber informieren. Dieser geht davon aus, dass er im Verfahren eine Vergütung nicht schuldet, da seine Rechtsschutzversicherung ja die Kostenübernahme erklärt hat.

 

Rz. 327

Auch hier ist es sinnvoll, den Auftraggeber vorab zu informieren:

Muster 8.29: Belehrung des Auftraggebers/mehrere Anwälte und Vergleich

 

Muster 8.29: Belehrung des Auftraggebers/mehrere Anwälte und Vergleich

Anrede,

wir haben im Verfahren einen zweiten Rechtsanwalt hinzugezogen. Üblicherweise zahlt Ihre Rechtschutzversicherung die Vergütung, die dieser RA berechnen wird zumindest zum Teil. Davon ausgenommen ist die Einigungsgebühr, die entsteht, sollte mit der Gegenseite ein Vergleich geschlossen werden. Für den Fall eines Vergleichs zahlt Ihre Rechtsschutzversicherung bedingungsgemäß entsprechend den Regelungen in den ARB nur die Vergütung, die auf Seiten eines Anwalts entstanden ist. Für den Fall des Abschlusses eines Vergleichs verbleiben daher im Zweifel zu Ihren Lasten

Gegenstandswert _________________________

1,0 Einigungsgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 13 RVG Nr. 1000, 1003 VV RVG

nebst anteiligem Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und Umsatzsteuer.

Wir werden bemüht sein, für den Fall eines Vergleichs die Vergleichssumme um diese Forderung zu erhöhen, damit Ihr eigenes Kostenrisiko beschränkt wird. Garantieren können wir eine solche Erhöhung einer etwaigen Vergleichsforderung jedoch nicht.

Sollte das Gericht den Abschluss eines Vergleichs vorschlagen und wir diesem Ansinnen nicht entsprechen, ist es nichts Ungewöhnliches, wenn anschließend das Verfahren insgesamt negativ endet. Wir werden daher, Ihr Einverständnis unterstellt, einem durch das Gericht vorgeschlagenen Vergleich zustimmen, wenn es sachgerecht ist.

Grußformel

 

Rz. 328

 

Hinweis:

Der Auftraggeber hat aus Kostengesichtspunkten keinerlei Vorteil bei einem Vergleich, wenn eine Versicherung die Kostenübernahme erklärt hat. Dementsprechend erhält die Belehrung auch keinerlei Hinweise auf die kostenerstattungsrechtlichen Vorteile eines Vergleichs.

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