Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 54
Bei einer wirksamen Trauhandvereinbarung ist das Treuhandvermögen nicht dem Treuhänder zuzurechnen. Deshalb wird häufig vorgetragen, dass der Auszubildende das Vermögen nur treuhänderisch erhalten habe.
Rz. 55
Einen typischen Treuhandvertrag mit stets gleicher Ausgestaltung gibt es nicht; vielmehr bestimmt der Einzelfall die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten. Ein Treuhandvertrag ist aber immer dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder die betroffenen Vermögensrechte tatsächlich überträgt. Der Treuhänder ist in Ausübung der sich daraus ergebenden Rechtsmacht nur im Innenverhältnis und nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt. Er erwirbt daher je nach Ausgestaltung bis hin zum Vollrecht ein Vermögensrecht hinzu. Bei einer Vollrechtsübertragung verliert dabei der Treugeber die Verfügungsmacht; der Treuhänder kann ihn allerdings wiederum zu Verfügungen bevollmächtigen. Bedeutsam für das förderungsrechtliche Endergebnis ist, dass der Treuhänder zugleich mit einer schuldrechtlichen (Herausgabe-)Verpflichtung belastet ist, die, wenn sie nicht unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lastet, grundsätzlich erst bei der Frage des Schuldabzugs nach § 28 Abs. 3 BAföG berücksichtigt werden kann.
Rz. 56
Ebenso wenig hat die rechtliche Verfügungsbeschränkung bei der Definition des Vermögens und der Zuordnung des Vermögens zu einer Person schon entscheidende Bedeutung. Diese Prüfung ist der rechtlichen Unverwertbarkeit nach § 27 Abs. 1 S. 2 BAföG vorbehalten. Die aus dem Treuhandverhältnis allenfalls resultierende relative Verfügungsbeschränkung führt aber ohnehin nicht dazu, dass der ausbildungsbedingte Zugriff auf ein Sparvermögen als rechtlich objektiv unmöglich angesehen wird.
Rz. 57
Ob offene oder verdeckte Treuhandabreden förderungsrechtlich anzuerkennen sind, ist nach der Rechtsprechung des BVerwG allein nach ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit zu bestimmen. Ist allein aus steuerlichen Gründen auf die Konten des Auszubildenden Geld eingezahlt worden, weil durch die treuhänderische Übertragung dem Fiskus in rechtswidriger Weise zu versteuernde Zinserträge vorenthalten werden sollten, so führt das gem. §§ 134, 138 BGB zur Nichtigkeit des Treuhandvertrages, weil Rechtsgeschäfte nichtig sind, wenn sich eine mit dem Vertrag verbundene Steuerverkürzung als der Hauptzweck des Vertrages darstellt.
Rz. 58
An den Nachweis einer Treuhandvereinbarung, der dem Auszubildenden obliegt, sind strenge Anforderungen zu stellen. Ihm obliegt bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht, und die Nichterweislichkeit solcher Tatsachen geht insoweit zu seinen Lasten, soweit die tatsächlichen Grundlagen des jeweiligen Vertragsschlusses seiner Sphäre zuzuordnen sind.
Rz. 59
Da die relevanten Umstände oft in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, sieht die Rechtsprechung es als gerechtfertigt an, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen heranzuziehen. Damit soll eine klare und eindeutige Abgrenzung von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, freiwilligen Unterhaltsgewährung ermöglicht werden.
Rz. 60
Nach Erteilung eines Freistellungsauftrags sind Auszubildende noch nicht automatisch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben von der Berufung auf das Bestehen eines Treuhandverhältnisses bei der Vermögensermittlung im Ausbildungsförderungsrecht ausgeschlossen. Der Freistellungsauftrag betrifft nicht das ausbildungsförderungsrechtliche, sondern das Rechtsverhältnis zur Bank. Er ist eine Anweisung des Kontoinhabers an die kontoführende Bank, ihm die aus dem Kontoguthaben resultierenden Kapitalerträge bis zur Höhe des Sparerfreibetrags unversteuert gutzuschreiben, also vom Zinsabschlag auszunehmen. Der Kontoinhaber gibt mit der Erteilung des Freistellungsauftrags weder eine Erklärung unmittelbar gegenüber den Finanzbehörden noch gegenüber Dritten ab. Angaben aus dem Freistellungsauftrag werden an diese Stellen lediglich weitergeleitet.
Rz. 61
Kann nach den vorstehenden Kriterien ein Treuhandverhältnis bewiesen werden, ist das Vermögen von der Anrechnung in Höhe des entsprechenden Rückübertragungsanspruchs als Schuld nach § 28 BAföG ausgeschlossen.