Dr. Gudrun Doering-Striening
A. Einleitung
Rz. 1
Gem. § 68 Nr. 1 SGB I gilt das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) als besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs, so dass gem. § 37 SGB I die allgemeinen Regelungen des SGB I und SGB X Anwendung finden, soweit das BAföG keine eigenständigen Regelungen enthält.
Rz. 2
Besondere Regelungen finden sich neben dem BAföG in
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der BAföG-Einkommensverordnung, |
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der Verordnung über die Einziehung der nach dem BAföG geleisteten Darlehen (DarlehensV) und |
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insbesondere in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG (BAföGVwV), durch welche die Vorschriften des BAföG inhaltlich konkretisiert werden. |
Rz. 3
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz zielt nach § 1 BAföG darauf ab, eine individuelle Ausbildungsförderung im Bereich der allgemeinen Schulen, Fachschulen und Hochschulen zu gewährleisten. Leistungen werden nach § 11 Abs. 2 BAföG nach dem "Grundsatz der Familienabhängigkeit" erbracht. Es soll also auch denjenigen Menschen eine adäquate Ausbildung ermöglicht werden, die sie aus eigenen Mitteln, dem Einkommen ihrer Ehegatten/Lebenspartner und ihrer Eltern – in dieser Reihenfolge – nicht finanzieren können. Auf diesem Weg sollen soziale Unterschiede ausgeglichen und die berufliche Chancengleichheit gesichert werden.
Rz. 4
Das BAföG gilt zwar als besonderer Teil des SGB. Wegen der abschließenden Aufzählung in § 51 SGG unterliegen Streite um BAföG-Fragen aber der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
B. Verhältnis zu Leistungen aus SGB II und SGB XII
Rz. 5
Gem. § 7 Abs. 5 und 6 SGB II haben Auszubildende i.S.d. BAföG außer in sehr wenigen Ausnahmefällen keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, weil den BAföG-Leistungen selbst existenzsichernde Funktion zukommt.
Was das Verhältnis von BAföG zum SGB XII betrifft, verhält es sich ähnlich, denn § 22 Abs. 1 SGB XII fungiert als Ausschlussklausel und lässt lediglich Spielraum für eventuelle Härtefallregelungen.
Rz. 6
Das BAföG verdrängt also weitestgehend die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII. Temporär sind die Regeln des BAföG im Blick zu behalten, wenn es um Zuwendungen aus Schenkung und Erbfall geht.
C. Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 7
Um Ausbildungsförderung zu erhalten, muss es sich bei der angestrebten Ausbildungsstelle um eine förderungsfähige Ausbildungsstätte i.S.d. § 2 BAföG handeln, z.B. eine Berufsfachschule oder eine Hochschule. Zu den persönlichen Voraussetzungen zählen die richtige Staatsangehörigkeit (§ 8 BAföG), die Eignung des Auszubildenden (§ 9 BAföG), die durch den regelmäßigen Besuch der Bildungseinrichtung indiziert wird, und das Alter, denn die Förderung wird nicht geleistet, wenn der Auszubildende bei Beginn der Ausbildung das 30. Lebensjahr vollendet bzw. bei Beginn des Studiums das 35. Lebensjahr vollendet hat (§ 10 BAföG).
Rz. 8
Liegen die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 1–10 BAföG vor, besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Förderung, deren Inhalt und Höhe in den §§ 11–14b BAföG und deren Dauer in den §§ 15–16 BAföG geregelt sind.
Rz. 9
Ausbildungsförderung wird nach § 17 BAföG als Zuschuss oder ganz oder hälftig als Darlehen (§§ 18 ff. BAföG) gewährt, das innerhalb von 20 Jahren zurückzuzahlen ist.
D. Umfang der Ausbildungsförderung
Rz. 10
Zunächst muss bei der Anspruchsprüfung der gesetzlich festgelegte Bedarf ermittelt werden, der sich gem. § 11 Abs. 1 BAföG aus Kosten für Lebensunterhalt und Ausbildung zusammensetzt. Die genaue Höhe ist in den §§ 12 und 13 BAföG geregelt.
Rz. 11
Auf den Bedarf werden nach § 11 Abs. 2 BAföG Einkommen und Vermögen des Auszubildenden, dann das Einkommen – und nur das Einkommen – des eingetragenen Lebenspartners und Ehegatten und zuletzt das der Eltern angerechnet. Vermögen von Ehegatten/Lebenspartnern und Eltern bleibt unberücksichtigt.
Zuflüsse aus Erbfall und Schenkung an Ehegatten/Lebenspartner und Eltern sind daher für diesen Personenkreis anspruchsneutral, nicht aber für den Auszubildenden selbst.
Rz. 12
Hinweis
Gem. § 41 Abs. 4 BAföG können die BAföG-Ämter im Wege des automatisierten Datenabgleichs überprüfen, ob und welche Daten nach § 45d Abs. 1 EStG dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind.
E. Der Einkommensbegriff des § 21 BAföG
Rz. 13
Der Einkommensbegriff i.S.d. des BAföG splittet sich nach § 21 BAföG in mehrere Einkommensbestandteile auf. Zunächst wird die Summe der positiven Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 und 2 EStG und sodann werden gem. § 21 Abs. 1 S. 3 Nr. 1–5 und Abs. 5 BAföG in der dort festgelegten Reihenfolge die Abzugsposten ermittelt. Als Einkommen werden sodann Zahlungseingänge nach § 21 Abs. 3 BAföG in tatsächlicher Höhe und abzugsfrei addiert. Sodann wird geprüft, ob Teile des auf diese Weise ermittelten Einkommens den Ausschlussfällen des § 21 Abs. 4 BAföG unterfallen und deshalb nicht berücksichtigt werden dürfen.
I. Summe der Einkünfte pp.
Rz. 14
Der förderungsrechtliche E...