Rz. 99
In diesem Abschnitt geht es um Ausgaben der Gemeinschaft, die in der Jahresabrechnung nicht auf alle Eigentümer verteilt, sondern (nur) einem Wohnungseigentümer in seiner Einzelabrechnung belastet werden (sog. Einzelbelastung oder Sonderbelastung oder direkte Zuordnung).
Beispiele
a) Miteigentümer A bleibt Hausgeld rückständig und wird vom Verwalter gemahnt. Für die Mahnung berechnet der Verwalter der Gemeinschaft 11,60 EUR (und überweist sich diesen Betrag vom Gemeinschaftskonto).
b) Miteigentümer A hält seine Wohnung nicht für Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum zugänglich und verursacht dadurch Kosten (z.B. kostenpflichtige zweite Anreise der Handwerker und/oder Rechtsanwaltskosten).
c) Die Instandsetzung von Sondereigentum des A wird vom Verwalter beauftragt und aus Gemeinschaftsmitteln bezahlt (z.B. Fliesen im Zuge einer Balkonsanierung oder Malerarbeiten im Zuge der Beseitigung eines Wasserschadens). Oder: Anstelle des nach der Teilungserklärung zuständigen A lässt der Verwalter den zur Wohnung des A gehörenden Balkon instand setzen.
d) Die Gemeinschaft lässt in der Wohnung des A ein Fenster reparieren. Nach der Gemeinschaftsordnung gehen die Kosten von Glas- oder Fensterreparaturen zu Lasten des Sondereigentümers.
Rz. 100
Rechtmäßig ist eine Einzelbelastung nur, wenn der Anspruch (gerichtlich) tituliert ist oder sonst feststeht, etwa weil er von dem betreffenden Wohnungseigentümer anerkannt wurde, weil sich die Kostentragung aus der Teilungserklärung ergibt (wie in Variante d) oder weil ein entsprechender Beschluss zur Kostentragung gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG vorliegt. Die Sonderbelastung in den Variante a) und b) ist also rechtswidrig, wenn es keinen solchen Kostentragungsbeschluss gibt; es wird der falsche Verteilungsschlüssel verwendet (weil die Umlage nach MEA erfolgen müsste). Wenn A den Abrechnungsbeschluss anficht, muss er aufgehoben werden, ohne dass es darauf ankommt, ob A der Gemeinschaft die Erstattung schuldet oder nicht. Wird der Abrechnungsbeschluss hingegen bestandskräftig, ist A mit Einwendungen gegen die Belastung ausgeschlossen. Streitig ist die Variante c). Es wird vertreten, dass die Kostentragungspflicht des A als Sondereigentümer oder als Erhaltungsverpflichteter ungeachtet des Umstands, dass die Gemeinschaft die Maßnahmen außerhalb ihrer Zuständigkeit veranlasst hat, "feststehe" und die Sonderbelastung deshalb rechtmäßig sei. Richtigerweise steht aber keineswegs von vornherein fest, dass A die Ausgabe erstatten muss; deshalb muss sie in der Jahresabrechnung nach MEA verteilt werden (näher → § 1 Rdn 90).
Rz. 101
Wie kann die Gemeinschaft in den Varianten a) – c) des obigen Beispiels ihre Erstattungsansprüche (ohne Anfechtungsrisiko) gegen A durchsetzen? Der "Normalweg" besteht darin, den A zur Zahlung aufzufordern (→ § 6 Rdn 19) und, falls die Aufforderung keinen Erfolg hat, den Zahlungsanspruch gerichtlich titulieren zu lassen. Dieser Weg hat jedoch entscheidende Nachteile: Es bedarf es eines entsprechenden Beschlusses der Gemeinschaft, der in der Tagesordnung anzukündigen ist (Aufwand). Und es wird schwierig sein, einen Rechtsanwalt zu finden, der die Klage für die Gemeinschaft zu den gesetzlichen Gebühren führt, denn häufig wird es um verhältnismäßig geringe Geldforderungen gehen. Bei einem Streitwert bis ca. 2 – 3.000,00 EUR ist ein Rechtsstreit unwirtschaftlich.
Rz. 102
Zu empfehlen ist ein Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG. Durch einen solchen Beschluss kann festgelegt werden, dass bestimmte gemeinschaftliche Ausgaben allein vom Verursacher zu tragen sind (→ § 8 Rdn 48). In diesem Fall ist die Einzelbelastung rechtmäßig, weil sie aufgrund des Beschlusses (im Sinne der oben zitierten BGH-Rspr.) "feststeht". Ein solcher Beschluss kann im Voraus als Dauerbeschluss (Muster → § 8 Rdn 180, Nr. 2) oder auch (mit entsprechender Ankündigung) im Einzelfall gefasst werden. Auf diese Weise kann eine "direkte Belastung" in der Jahresabrechnung eingestellt werden, was für die Gemeinschaft deutlich günstiger ist, als ihre Erstattungsansprüche außerhalb der Jahresabrechnung durchsetzen zu müssen. Die Rechtmäßigkeit eines nachträglich (nach dem Entstehen der Ausgabe) im Einzelfall gefassten Kostentragungsbeschlusses wird aber teilweise in Frage gestellt und war noch nicht Gegenstand veröffentlichter Gerichtsentscheidungen. Das daraus resultierende "Restrisiko" muss eine Gemeinschaft nicht unbedingt von der Beschlussfassung abhalten, denn ob eine Anfechtung erfolgt, kann abgewartet werden. Will der belastete Wohnungseigentümer dagegen vorgehen, muss er sowohl den Kostentragungs- als auch den Abrechnungsbeschluss anfechten. Der Streitwert dürfte sich wegen (teilweiser) wirtschaftlicher Identität auf den für den Abrechnungsbeschluss maßgeblichen beschränken und somit nicht allzu hoch sein.
Rz. 103
Muster 8.5: Einzelfallbeschluss zur Kostentragung eines besonderen Verwaltungsaufwands
Muster 8.5: Einzelfallbeschluss zur Kostentragung eines bes...