Rz. 26
Wie erläutert, setzt der Eigentumserwerb an einem Grundstück neben der Einigung der Parteien gem. § 873 Abs. 1 BGB auch die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch voraus. Hierdurch bedingt gibt es immer eine gewisse Zeitspanne zwischen dem Notartermin, in welchem die Auflassung des Grundstücks vereinbart wurde, und der Grundbucheintragung. Diese Zeitspanne vergrößert sich in der Praxis aufgrund weiterer Umstände:
Rz. 27
Nach den jeweiligen Vertragsbedingungen darf der Erwerber oder der Notar in dessen Namen (gem. § 15 GBO) die Eigentumsumschreibung nicht sogleich nach der Beurkundung der Auflassung beantragen, sondern erst, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, namentlich die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes über die gezahlte Grunderwerbsteuer (§ 22 GrEStG) sowie bei Grundstücken (nicht bei Wohnungseigentum) der Vorkaufsrechtsverzicht der Gemeinde nach dem Baugesetzbuch (§§ 24, 28 BauGB) vorliegen und der Kaufpreis direkt an den Verkäufer oder zumindest auf ein Notaranderkonto eingezahlt wurde sowie die Löschung vertraglich nicht zu übernehmender Belastungen (bspw. Grundschulden, die der früheren Kaufpreisfinanzierung des jetzigen Verkäufers gedient haben) der Immobilie erfolgt oder zumindest sichergestellt ist. Der Umschreibungsantrag und die Eigentumsumschreibung erfolgen mithin im Regelfall erst einige Monate nach dem Notartermin, in dem der Kaufvertrag und die Auflassung beurkundet wurden. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit der Käufer in diesem Zeitraum nach dem Notartermin des Kaufvertragsschlusses, aber vor der Eigentumsumschreibung in seiner Rechtsposition gesichert ist, das Eigentum an dem Kaufgegenstand am Ende wirklich zu erhalten und insbesondere nicht den Kaufpreis zahlen zu müssen und dann "mit leeren Händen" ohne Eigentum da zu stehen.
Rz. 28
Unterschiedliche Sicherungsformen sind hier theoretisch denkbar. Nach der Ausgestaltung des BGB führen – was für den Nichtjuristen nicht leicht verständlich ist – weder der Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages noch die beurkundete Auflassung als solche dazu, dass das Grundstück nach Abschluss dieser Verträge mit einem Erwerber in einem offiziellen Notartermin für diesen sozusagen automatisch gesichert ist. Vielmehr kann dasselbe Grundstück theoretisch noch einmal rechtlich wirksam an einen Dritten verkauft und aufgelassen werden. Das Grundstückseigentum und das Grundbuch werden also durch den zeitlich ersten Vertrag nicht für Dritte gesperrt. Das bedeutet, dass der Erwerber vor der auf ihn erfolgenden Eigentumsumschreibung zunächst in keiner Weise sicher darin ist, dass wirklich er und nicht ein Dritter das Eigentum an dem Grundstück erwerben wird. Zwar macht sich der Veräußerer dem Erwerber gegenüber schadensersatzpflichtig, falls er nach einem notariellen Verkauf nebst Auflassung das Grundstück noch einmal an einen Dritten verkauft und auflässt, wenn dieser Dritte dann auch (zuerst) im Grundbuch als Eigentümer eingetragen würde. Der schuldrechtliche Schadensersatzanspruch des Erstkäufers beinhaltet aber keine dingliche Absicherung des Rechtserwerbs, d.h. der Erwerb des Grundstückseigentums wäre für den Erstkäufer nicht mehr durchsetzbar.
Rz. 29
Abgesehen von derartigen Fällen nachträglicher "treuwidriger" Eigentumsübertragung auf Dritte könnte in der erwähnten Zeitspanne zwischen Notartermin und Eigentumsumschreibung im Grundbuch von dem Eigentümer bspw. aber auch einem Dritten eine Hypothek oder eine Grundschuld an dem Grundstück bestellt und im Grundbuch eingetragen werden. Schließlich könnten auch Gläubiger des Veräußerers in das Grundstück vollstrecken, z.B. durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, die ebenfalls das Eigentum des Erwerbers belasten würde. Dann könnte der Käufer zwar weiterhin Eigentümer des Grundstücks werden, allerdings wäre der Eigentumserwerb mit der ungewollten Übernahme von dinglichen Belastungen verbunden, da der Käufer allenfalls die bei Kaufvertragsschluss bestehenden oder nachträglich mit seiner Zustimmung eingetragenen Belastungen des Grundstücks übernehmen wollte. Um diese aufgezeigte Sicherungslücke des Erwerbers zu schließen, sieht das BGB in § 883 für den Erwerber eines Grundstücks ein besonderes, dinglich wirkendes Sicherungsmittel vor, nämlich die sog. Vormerkung. Mittels der im Grundbuch einzutragenden Vormerkung kann der schuldrechtliche Anspruch auf Eigentumsübertragung an einem Grundstück (sog. Auflassungsvormerkung, oder genauer: Eigentumsvormerkung), aber auch der Anspruch auf Erwerb einer Hypothek, Grundschuld oder eines sonstigen Rechts an einem Grundstück abgesichert werden. Alle nach Eintragung der Vormerkung erfolgenden, dieser gegenüber nachteiligen Verfügungen über den Gegenstand sind dem Vormerkungsinhaber gegenüber unwirksam, sofern dieser der fraglichen Verfügung nicht zugestimmt hat (§ 883 Abs. 2 BGB). Ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung ist der Erwerber also in seiner Rechtsposition gesichert. Sofern in der Zeit vor der Vormerkung...