Leitsatz (amtlich)
1) Die Verfügungsberechtigung des veräußernden Eigentümers muss spätestens bis zur letzten logischen Sekunde vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch gegeben sein. Sie fehlt, wenn bei einem zwischenzeitlichen Erwerb eines Dritten die Wirkung einer zugunsten des Ersterwerbers eingetragenen Vormerkung versagt, weil ein wirksamer Auflassungsanspruch wegen eines Scheingeschäfts nicht begründet worden ist.
2) Die Eintragung des Ersterwerbers im Grundbuch kann in dieser Konstellation nicht zur Übertragung des Eigentums führen, weil die Heilungswirkung des § 311b Abs. 1 S. 2 BGB erst für die Zukunft mit der Eintragung im Grundbuch eintritt.
Normenkette
BGB § 311b Abs. 1 S. 2, § 883 Abs. 2, § 885
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 22.000 EUR festgesetzt.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit notariellem Vertrag vom 11.8.2004 (UR-Nr. 219/2004 Notar 1) verkaufte Herr A das Grundstück Gemarkung T Flurstück 99 an Herrn B. Zugunsten des Herrn B wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt und in Abt. II Nr. 8 kurzfristig eingetragen. Weiter wurde in der Urkunde bereits die Auflassung erklärt. In § 12 Nr. 3 der notariellen Urkunde heißt es, die Vertragsbeteiligten seien darauf hingewiesen worden,
"dass alle Vertragsabreden vollständig und richtig in dieser Urkunde aufgenommen werden müssen, nicht beurkundete Abreden nichtig sind und die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages zur Folge haben können. In diesem Zusammenhang versicherten die Beteiligten nochmals die Richtigkeit und Vollständigkeit der beurkundeten Angaben."
Beurkundet wurde ein Kaufpreis von 200.000 EUR. Unstreitig sind "zur Herbeiführung des Kaufs" weitere 40.000 EUR gezahlt worden.
In dem betroffenen Grundbuch von T sind eine Vielzahl landwirtschaftlicher Grundstücke gebucht, das hier betroffene unter lfd. Nr. 24. In Abteilung II war u.a. an diesem Grundstück ein Altenteil sowie eine Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Rechtsvorgänger des Herrn A eingetragen. In Abteilung III war unter lfd. Nr. 5 eine (Gesamt-) Grundschuld (an allen gebuchten Grundstücken) eingetragen. Nach dem Kaufvertrag sollte hinsichtlich der vorgenannten Eintragungen eine "lastenfreie" Übertragung erfolgen.
Herr B übertrug mit notariellem Vertrag vom 15.6.2007 (UR-Nr. 107/2007 Notar 2) umfänglichen Grundbesitz auf die Beteiligte zu 1). Mitübertragen wurde der Anspruch auf Auflassung des hier betroffenen Grundstücks aus dem Kaufvertrag vom 11.8.2004; die Beteiligten erklärten auch insoweit die Auflassung (Ziff. V 1 der notariellen Urkunde). Die Abtretung des Auflassungsanspruchs an die Beteiligte zu 1) wurde am 1.10.2009 bei der Vormerkung Abt. II Nr. 8 eingetragen.
Mit notariellem Vertrag vom 2.5.2011 (UR-Nr. 96/2011 Notar 1) übertrug Herr A seinen gesamten Grundbesitz, darunter das hier betroffene Grundstück, auf die Beteiligte zu 2), seine Tochter. In § 1 dieses Vertrages ist die vorgenannte Auflassungsvormerkung bei der Aufzählung der Eintragungen in Abteilung II und III erwähnt. Die Beteiligte zu 2) erklärte, diese Eintragungen zu übernehmen. Aufgrund der hier erklärten Auflassung wurde die Beteiligte zu 2) am 29.6.2011 als Eigentümerin eingetragen.
Am 4.2.2012 wurde Folgendes beantragt:
- Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 1),
- Löschung der zugunsten der Beteiligten zu 1) eingetragenen Auflassungsvormerkung,
- Löschung eines Altenteils an dem Flurstück 99,
- Löschung der zugunsten der Rechtsvorgänger des Herrn A eingetragenen Rückauflassungsvormerkung an dem Flurstück 99.
Da die von Seiten der Altenteilerin erforderlichen Bewilligungen zur Löschung der Rechte in Abt. II von deren Betreuerin erklärt worden war und keine betreuungsgerichtliche Genehmigung vorlag, erließ das Grundbuchamt zunächst eine Zwischenverfügung. In dieser wies es zugleich darauf hin, dass bislang keine Haftentlassung bzgl. der Gesamtgrundschuld III/5 beantragt worden sei. Die Löschungsbewilligung sei von einem anderen Notar zu einem anderen Vorgang eingereicht worden.
Am 21.6.2012 beantragte der Urkundsnotar dann zusätzlich die Haftentlassung des Flurstücks 99 bzgl. der Grundschuld III/5. Der Grundschuldbrief lag dem Grundbuchamt vor. Die eingetragene Gläubigerin (Volksbank) hatte zuvor (privatschriftlich) erklärt, dass ihre Löschungsbewilligung auch die Haftentlassung abdecke. Die Grundschuld war zwischenzeitlich an die D Bank abgetreten worden, die dem Grundbuchamt auch die Grundschuldbriefe übersandt hatte. Diese war auch mit der Pfandentlassung einverstanden. Das entsprechende Schreiben wahrt allerdings nicht die Form des § 29 GBO.
Am 21.11.2012 wurde aufgrund der Auflassung vom 11.8.2004 die Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligte zu 1) vorgenommen. Dabei wurde das Grundstück in das Grundbuch von T. Blatt des Bestandsverzeichnisses übertragen. Gleichzeitig wurden die für die Beteilig...