Rz. 48
Die übliche "Abzahlung" der Hypothek bzw. der dieser zugrunde liegenden schuldrechtlichen Darlehensforderung hängt von der Ausgestaltung des Darlehens ab. Zumeist handelt es sich um sog. Tilgungshypotheken, die eine lange Laufzeit haben. Bei einer Gesamtbelastung von 3,0 %, bestehend aus (unterstellt gleichbleibendem 1,0 % Zins und 1 % anfänglicher Tilgung, ist ein Darlehen über 300.000,00 EUR bei einer monatlichen Zahlung von 500,00 EUR ohne Sondertilgungen z.B. erst nach 69 Jahren und 3 Monaten getilgt). Der Schuldner zahlt jährlich feststehende Beträge (sog. Annuitäten), die aber auch monatlich oder vierteljährlich abgebucht werden können, die sich aus Zins- und Tilgungsanteil zusammensetzen. Der Tilgungsanteil der Annuität beläuft sich am Anfang häufig auf 1 % der Forderungssumme und vergrößert sich entsprechend dem mit abnehmender Forderungshöhe geringeren Zinsbetrag, so dass im Laufe der Zeit trotz nominell gleichbleibender monatlicher Zahlung der Tilgungsanteil der Annuität immer größer wird.
Rz. 49
Da nunmehr aber seit einigen Jahren die Zinsen im Vergleich mit den Zinsen über einen Vergleichszeitraum von ca. 40 Jahren (Jahre 1980 bis 2019) sehr niedrig sind, kann man zumindest auf den ersten Blick die Hoffnung haben, dass die Entschuldung der Objekte deutlich schneller erfolgt. Das kann sie im Zweifel auch, wenn jeder Immobilienkäufer den Tilgungsanteil bereits anfangs entsprechend dem niedrigen Zinsanteil auf 2, 3 oder mehr Prozent erhöhen würde und danach wirtschaftlich stabil bleibt. Das erfolgt aber leider hin und wieder nicht. Viele Kunden können oder wollen sich höhere Tilgungssätze in für diese tatsächlich oder zumindest "gefühlt" unsicheren künftigen Zeiten nicht leisten. Natürlich ist zu bedenken, dass auch die Preise insbesondere in Ballungszentren, aber auch im Hinblick auf die durch vermeintliche Inflationsrisiken – letztere haben sich jedenfalls in den letzten zehn Jahren nicht bestätigt, weswegen die Europäische Zentralbank aktuell für eine höhere Inflation "kämpft" – gestiegenen Investitionen in Immobilien teilweise in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind.
Rz. 50
Eine sinnvolle Alternative (und Ergänzung) zu höheren Tilgungssätzen kann die Vereinbarung von einmaligen prozentualen Sondertilgungsbeträgen pro Jahr sein, in der Regel werden Sondertilgungsmöglichkeiten von 5 % jährlich eingeräumt. Dies ermöglicht dem Käufer von Immobilien bspw. am Jahresende, falls er rückblickend auf das Jahr etwas Geld zusätzlich zur Verfügung bzw. nicht für das "normale" Leben benötigt hat, dieses für die (Sonder-)Tilgung einzusetzen, um so auf lange Sicht nicht unerheblich Zinsen zu sparen. Einem häufig anzutreffenden Irrtum sei dabei aber vorgebeugt: Nach einer Sondertilgung verändert sich der monatliche Zahlbetrag zunächst für die Dauer der aktuellen Zinsfestschreibung überhaupt nicht: Innerhalb des vereinbarten Zeitraums verändert sich nämlich nicht der Zahlbetrag der Annuität als solcher, sondern "nur" das Anteilsverhältnis von Zins und Tilgung an dem Zahlbetrag: der Tilgungsanteil steigt nach einer Sondertilgung, während der Zinsanteil fällt. Jede Sondertilgung stellt wirtschaftlich eine Geldanlage in Höhe des vertraglich mit dem Kreditinstituts vereinbarten Zinses dar, da in dieser Höhe das in Anspruch genommene Darlehen getilgt wird, mithin nicht mehr künftig zurückgezahlt werden muss! Damit sinkt die Belastung aus der Darlehensschuld als solche schneller und bei der Neuverhandlung des Zinses nach Ablauf der Zinsbindungsfrist ist der noch offene Schuldbetrag entsprechend kleiner, als wenn keine Sondertilgung geleistet worden wäre. Eine Binsenweisheit ist, dass Schuldner, die in Zeiten wie diesen bei Niedrigzinsen meinen und von verkaufsorientierten Beratern in der Vorstellung leider nicht selten bestätigt werden, dass sie sich womöglich ohne oder mit nur sehr wenig Eigenkapital ein Haus/Wohnung würden leisten können, nach der ersten relevanten Zinsanpassung nach oben (nach unten geht es ja praktisch nicht mehr) ein Problem bekommen und mit der Realität ihrer Finanzen konfrontiert werden: Wer bspw. nur mit 1 % p.a, also pro Jahr, anfänglich tilgt und eine erste Zinsanpassung nach zehn Jahren hat, wird bei einem als Beispiel einmal unterstellt nach zehn Jahren um ca. 2,0 % (gegenüber dem ursprünglichen Abschluss) gestiegenem Zins merken, dass seine monatliche Belastung im Zahlbetrag (Zins und Tilgung) nach dem zehnten Jahr deutlich steigt und nicht etwa fällt.
Beispiel:
Darlehensbetrag (Annuitätendarlehen) 300.000,00 EUR, Zinszahlung seit 1.8.2019 mit einem Zinssatz von 1,00 % (effektiv), Tilgung anfangs 1 %, Laufzeit zehn Jahre, monatlicher Zahlbetrag 500,00 EUR. Restschuld nach zehn Jahren 268.462,55 EUR. Neuer Zahlbetrag bei im August 2029 angenommenen (fiktiv!) 3,0 % Zins (effektiv) und Tilgung von 1 %: 894,88 EUR. Trotz pünktlicher Zahlung über zehn Jahre, hat sich danach die monatliche Belastung also um 394,88 EUR, d.h. um 78,97 % erhöht! Bei einer Steigerung des Zinses um nur 1 %...