Dr. Michael Nugel, Sebastian Gutt
Rz. 105
Dem Gesetzeswortlaut des § 251 Abs. 2 BGB ist nicht zu entnehmen, ob in den Fällen eines technischen oder wirtschaftlichen Totalschadens der Geschädigte gleichermaßen "fiktiv" den Wiederbeschaffungsaufwand einschließlich der im Gutachten angeführten Mehrwertsteuer erhält oder ob die Mehrwertsteuer lediglich dann zu erstatten ist, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Diese Grundsatzfrage hat der BGH dahingehend entschieden, dass er die Fälle des Totalschadens in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer ebenso behandelt wie die Fälle der Naturalrestitution. Diese Gleichsetzung bedeutet Folgendes:
▪ |
Erstens hat der Geschädigte auch im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens einen Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer nur dann, wenn diese tatsächlich angefallen ist. Unabhängig davon kann er den Wiederbeschaffungsaufwand rein fiktiv ohne weitere Nachweise abrechnen. Wenn bei dem Erwerb eines vergleichbaren Fahrzeuges mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Mehrwertsteuer anfallen würde, kann der Geschädigte diese jedoch bei einer fiktiven Abrechnung nicht erhalten. |
▪ |
Erwirbt der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs entspricht oder diesen übersteigt, kann er im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-) Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs – unter Abzug des Restwertes – ersetzt verlangen. Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. |
Rz. 106
Muster 8.30: Nachforderung der Mehrwertsteuer bei Ersatzbeschaffung als volle Re-Investition
Muster 8.30: Nachforderung der Mehrwertsteuer bei Ersatzbeschaffung als volle Re-Investition
Zwischenzeitlich hat meine Mandantschaft ein Ersatzfahrzeug angeschafft. Der entsprechende Rechnungsbeleg wird als Anlage beigefügt und weist einen Kaufpreis in Höhe von _________________________ EUR aus, welcher den Wiederbeschaffungswert des verunfallten Pkw erreicht. Meine Mandantschaft kann daher im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-) Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs – unter Abzug des Restwertes – ersetzt verlangen (vgl. nur BGH, Urt. v. 1.3.2005 – VI ZR 91/04 = NJW 2005, 2220). Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (BGH a.a.O.), wenn wie hier der Fall einer konkreten Ersatzbeschaffung vorliegt, bei welcher der Wiederbeschaffungswert des Pkw meines Mandanten bei der Ersatzbeschaffung in voller Höhe erreicht und re-investiert wird.
Der somit als Höchstgrenze im Gutachten ausgewiesene Betrag des Wiederbeschaffungswerts liegt bei _________________________ EUR. Bisher wurden lediglich _________________________ EUR abgerechnet. Unter Anrechnung des Restwerts des Restwertes in Höhe von _________________________ EUR verbleibt eine Differenz in Höhe von _________________________ EUR.
Rz. 107
Es stellt sich des Weiteren die Frage, ob der Geschädigte auf Basis des Wiederbeschaffungsaufwandes abrechnen darf, jedoch dabei die konkret angefallene Mehrwertsteuer über eine durchgeführte Reparatur nachweist. Diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass der Geschädigte eine an sich unwirtschaftliche Reparatur vornimmt, jedoch nach dem 4-Stufen-Modell, auf welches nachfolgend im Einzelnen eingegangen wird, allein auf Basis des Wiederbeschaffungsaufwandes abrechnen darf. Teilweise wird dies als unzulässige Vermengung der beiden Abrechnungsarten (fiktiv Ersatzbeschaffung und konkreter Nachweis der Mehrwertsteuer über eine Reparatur) angesehen. Der BGH hat eine solche Vermengung beider Abrechnungsarten im umgekehrten Fall, d.h. im Falle einer Ersatzbeschaffung im Reparaturfall, für zulässig erachtet und dem Geschädigten grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zugesprochen, diesen Anspruch aber der Höhe nach auf die Höchstgrenze des Bruttobetrages der Abrechnungsart beschränkt.
Hinweis
Zu beachten ist jedoch, dass in jedem Fall eine Vermengung zwischen fiktiver Abrechnung mit den Werten aus einem Gutachten zzgl. der Mehrwertsteuer aus einer vom Wert her deutlich geringeren konkret durchgeführten Ersatzbeschaffung unzulässig ist. Hier muss sich der Geschädigte entscheiden, ob er konkret mit den (ggf. geringeren) Werten einer Ersatzbeschaffung inklusive ausgewiesener MwSt. abrechnet oder fiktiv – dann aber ohne einen Aufschlag der MwSt. aus dem konkreten Ersatzgeschäft. Dies muss erst Recht gelten, wenn die konkreten Kosten einer Reparatur, begrenzt auf die Höhe des Wiederbeschaffungswerts eingefordert werden.
Rz. 108
Festzuhalten ist daher, dass der Geschädigte den konkret angefallenen Mehrwertsteuerb...