Rz. 20
a) Der Fall
Rz. 21
Der Kläger befuhr am 6.3.2008 mit seinem Pkw die Friedrichstraße, um an der mit einer Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzung nach links in die Frankfurter Straße abzubiegen. Der Beklagte zu 1 befuhr mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw die auf diese Kreuzung in Gegenrichtung zuführende Wilhelmstraße. Er beabsichtigte, geradeaus in die Friedrichstraße weiterzufahren. Im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision beider Fahrzeuge, die jeweils auf der rechten Seite beschädigt wurden. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige schätzte den Wiederbeschaffungswert seines Pkw auf 7.300 EUR brutto und den Restwert auf 2.700 EUR. Der Kläger hat Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands von 4.600 EUR und der Sachverständigenkosten von 747 EUR, die Zahlung einer Kostenpauschale von 26 EUR und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht dieser in Höhe von 2.988 EUR nebst Zinsen sowie hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Anwaltskosten stattgegeben. Es hat dem Kläger jeweils 50 % des mit 4.428 EUR errechneten Nettowiederbeschaffungsaufwands und der Kostenpauschale nebst Ummeldekosten von insgesamt 52 EUR zuerkannt und ihm einen Anspruch auf vollumfänglichen Ersatz der Sachverständigenkosten von 747 EUR zugebilligt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebten die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit sie zur Zahlung von mehr als 579 EUR nebst Zinsen und zur Erstattung vorgerichtlicher Kosten von mehr als 41 EUR nebst Zinsen verurteilt worden waren.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 22
Die Revision war begründet.
Sie beanstandete mit Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung. Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hielt das Berufungsurteil nicht stand.
Rz. 23
Die Revision wandte sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht den Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 1 als ebenso schwerwiegend bewertet hatte wie denjenigen des Klägers. Eine solche Beurteilung berücksichtigte nicht in hinreichendem Maß das unterschiedliche Gewicht der beiderseitigen Verkehrsverstöße.
Rz. 24
Das Berufungsgericht hatte nicht festgestellt, dass der Beklagte zu 1 bei Rot in die Kreuzung eingefahren war, sondern hielt dies nur für möglich. Im Revisionsverfahren war deshalb zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Lichtzeichenanlage für den Beklagten zu 1 noch nicht auf Rot umgesprungen war. Das Berufungsgericht hatte allerdings festgestellt, dass der Beklagte zu 1 in die Kreuzung eingefahren war, obwohl die Lichtzeichenanlage für ihn schon längere Zeit gelb zeigte. Darin hatte es mit Recht einen Verstoß gegen § 37 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 StVO gesehen, wonach das Wechsellichtzeichen Gelb an einer Kreuzung anordnet, auf das nächste Zeichen zu warten. Hiergegen hatte der Beklagte zu 1 verstoßen, denn das Berufungsgericht nahm an, dass er in die Kreuzung eingefahren war, obwohl die Lichtzeichenanlage für ihn schon mehrere Sekunden lang Gelb zeigte. Im Hinblick darauf war es davon ausgegangen, dass es ihm möglich gewesen wäre, seinen Pkw vor der Kreuzung anzuhalten, wozu er mithin auch verpflichtet gewesen wäre.
Rz. 25
Rechtsfehlerhaft hatte das Berufungsgericht diesen unfallursächlichen Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1 indessen als ebenso schwerwiegend bewertet wie das Verkehrsverhalten des Klägers. Letzterer ist an der Kreuzung nach links abgebogen, obwohl ihm erkennbar der von dem Beklagten zu 1 gelenkte Pkw entgegenkam. Damit hatte der Kläger, wie auch das Berufu...