Rz. 233
Problematisch und streitig ist beim Ausfall von Taxifahrzeugen immer wieder die Frage der Unverhältnismäßigkeit der dadurch entstandenen Kosten i.S.d. § 251 Abs. 2 BGB (dazu OLG Hamm NZV 1993, 392; KG zfs 2004, 560 ff.). Grundsätzlich hat der geschädigte Taxieigentümer ein Wahlrecht, ob er den Verdienstausfall oder die Mietwagenkosten für ein Ersatztaxi verlangt (AG Hannover zfs 2002, 477).
Rz. 234
Mietwagenkosten, die sich am Marktpreis ausrichten, sind nach der Rechtsprechung üblicherweise nicht unverhältnismäßig (BGH VersR 1994, 64 = zfs 1994, 12 = DAR 1994, 16 = NZV 1994, 21). Bei gewerblich genutzten Fahrzeugen ist die Obergrenze nicht starr bei 200 % des Verdienstentgangs zu ziehen, wie es teilweise gefordert wurde, sondern die Grenze der Unverhältnismäßigkeit ergibt sich aufgrund des schützenswerten wirtschaftlichen Interesses des Geschädigten im Rahmen einer Gesamtschau (BGH a.a.O.; OLG Köln zfs 1993, 82 f.; OLG Köln NZV 1997, 181; OLG Hamm NZV 1997, 310). Die Stichworte lauten: Goodwill – Stammkundschaft – Geschäftsaussichten – Hochsaison usw.
Rz. 235
Werden aber Mietwagenkosten für ein Ersatztaxi beansprucht, ist es Sache des Geschädigten, die betrieblichen Umstände darzulegen, deren Kenntnis für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist (OLG Hamm NZV 1997, 310; OLG Celle NZV 1999, 209 f.; OLG Köln r+s 1997, 287). Das wird den Vorgaben der zuvor zitierten Entscheidung des BGH nur dann gerecht, wenn die von ihm vorgegebenen Parameter – wie Umsatzgröße, Entwicklung, Kostenstruktur, Art der Kundschaft, Marktverhältnisse, Dauer und Art der Reparatur, Einsatzmöglichkeiten der vorhandenen Fahrer – umfassend berücksichtigt werden. Die damit verbundene juristische Sisyphusarbeit wird jedoch in der Regel ein Sachverständigengutachten erforderlich machen, das weitere Kosten verursacht, was die Errechnung dieser Schadensposition für die Versicherer in der Regel unwirtschaftlich machen dürfte.
Rz. 236
Sind z.B. Kosten für die Anmietung eines Ersatztaxis angefallen, die um 370 % höher sind als die Einnahmen, sind diese Kosten nur dann ersatzpflichtig, wenn ohne die Anmietung eine ganz außergewöhnliche Härte für den Taxiunternehmer entstanden wäre (LG München NZV 2000, 88).
Rz. 237
Grundsätzlich kann der Geschädigte bei durchschnittlicher Reparaturzeit und Auslastung im betrieblichen Rahmen die Kosten eines Ersatztaxis verlangen, die sich am Marktpreis ausrichten. Erst wenn die wirtschaftliche Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles – in deren Rahmen neben allen schützenswerten Interessen des Geschädigten auch dem Vergleich zwischen den Mietkosten und dem voraussichtlichen Gewinnentgang des Taxiunternehmens, aber auch der Höhe des Mietpreises als solcher eine bedeutsame Rolle zukommen kann – zu dem Ergebnis führt, dass ausnahmsweise die auf Anmietung des Ersatzwagens gerichtete kaufmännische Entscheidung nicht mehr vertretbar ist, ist der Ersatz solcher Kosten zu versagen (BGH NJW 1993, 3321; 1996, 1958; OLG Hamm NZV 1997, 310).
Rz. 238
Problematisch sind allerdings die Anforderungen an die Prognose des voraussichtlichen Gewinnentgangs. Diese wird sich nicht immer aus den Jahresdurchschnittszahlen begründen lassen, sondern es ist vielmehr individuell und speziell auf den fraglichen Zeitraum des Gewinnentgangs abzustellen. Fand z.B. in dem Zeitraum ein großes Volksfest statt oder entging dem Unternehmer der besonders hohe Gewinn über die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage, ist die Frage anders zu bewerten als in einer voraussichtlichen "Saure-Gurken-Zeit".
Rz. 239
Mietwagenkosten für ein Ersatztaxi, die den entgangenen Gewinn des Taxiunternehmers um fast das 3,5-fache (OLG Celle NZV 1999, 209) oder gar das Fünffache übersteigen, sind jedenfalls dann als wirtschaftlich unvertretbar zu bezeichnen und deshalb auch nicht zu ersetzen, wenn der Unternehmer über eine große Zahl weiterer Taxis (hier: 19) verfügt und die Ausfallzeit nur wenige Tage (hier: drei Tage) beträgt (AG Kassel NZV 1997, 362). Andererseits sind Miettaxikosten, die annähernd das Dreifache des entgangenen Gewinns betragen, noch nicht unbedingt als unverhältnismäßig anzusehen (dazu Diehl in einer Anmerkung zu AG Hannover zfs 2002, 477; Diehl in einer Anmerkung zu KG zfs 2004, 562).
Rz. 240
Der geschädigte Taxiunternehmer muss sich allerdings bei Anmietung eines Ersatztaxis regelmäßig ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 20 % der Miettaxikosten anrechnen lassen (OLG Hamm DAR 2001, 165).