(a) Allgemeines
Rz. 53
Der Gebäudewert bzw. Gebäudeertragswert gem. § 185 BewG wird grundsätzlich durch die Kapitalisierung des nachhaltig für die Restnutzungsdauer erzielbaren Reinertrags ermittelt. Bei einem negativen Gebäudeertragswert ist mindestens der Bodenwert anzusetzen, § 184 Abs. 3 S. 2 BewG. Sonstige bauliche Anlagen, insbesondere Außenanlagen, sind regelmäßig mit dem Ertragswert des Gebäudes abgegolten, § 184 Abs. 3 S. 3 BewG. Sonstige besondere wertbeeinflussende Umstände werden im Rahmen dieser typisierenden Wertermittlung nicht gesondert ermittelt oder angesetzt. In Betracht kommen wohnungs- und mietrechtliche Bindungen sowie Abweichungen vom normalen baulichen Zustand. Der entsprechende Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ist gem. § 198 BewG (siehe Rdn 97 ff.>) zu erbringen.
Rz. 54
Die Ermittlung des Gebäudeertragswerts stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:
▪ |
Der Rohertrag, vermindert um die Bewirtschaftungskosten, ergibt den Reinertrag. |
▪ |
Dieser sodann um die Bodenwertverzinsung zu reduzierende Reinertrag ergibt den Gebäudereinertrag. |
▪ |
Der Gebäudereinertrag, multipliziert mit dem an der Restnutzungsdauer orientierten Vervielfältiger, ergibt den Gebäudeertragswert bzw. den Gebäudewert. |
(b) Rohertrag
Rz. 55
Rohertrag ist gem. § 186 Abs. 1 S. 1 BewG das Entgelt, das für die Benutzung des bebauten Grundstücks nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen ist. Etwaige Mietrückstände spielen dabei keine Rolle. Gleiches gilt für Wertsicherungsklauseln und künftige Staffelmieterhöhungen. Mieteinnahmen für Stellplätze und für Nebengebäude (z.B. Garagen) sind in den Rohertrag miteinzubeziehen. Umlagen, die zur Deckung der Betriebskosten gezahlt werden, sind nicht anzusetzen, § 186 Abs. 1 S. 2 BewG. Es handelt sich beim Rohertrag mithin um die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete.
Rz. 56
Ist das Grundstück oder sind Grundstücksteile (z.B. eine Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus) zum Bewertungsstichtag eigengenutzt, ungenutzt, nur zu vorübergehendem Gebrauch (z.B. als Ferienwohnung) oder unentgeltlich überlassen, ist die übliche Miete zu ermitteln bzw. anzusetzen, § 186 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BewG. Gleiches gilt, wenn die vereinbarte Miete um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweicht, § 186 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BewG. Die Finanzverwaltung nimmt insbesondere bei Wohnraumüberlassung an nahe Angehörige (siehe § 14 Rdn 1 ff.>) eine entsprechende Prüfung vor.
Rz. 57
Die übliche Miete ist in Anlehnung an die Miete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird, wobei Betriebskosten nicht einzubeziehen sind, § 186 Abs. 2 S. 2, 3 BewG. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann die übliche Miete aus Vergleichsmieten oder (einem zum Stichtag gültigen) Mietspiegel abgeleitet, mit Hilfe einer Mietdatenbank (§ 558e BGB) geschätzt oder durch ein Mietgutachten ermittelt werden.
(c) Bewirtschaftungskosten
Rz. 58
Im Hinblick auf § 185 Abs. 1 S. 2 BewG sind vom Rohertrag die Bewirtschaftungskosten i.S.d. § 187 BewG abzuziehen. Dabei handelt es sich um die bei gewöhnlicher Bewirtschaftung nachhaltig entstehenden Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis. Die Betriebskosten bleiben unberücksichtigt, soweit sie im Rahmen des Mietverhältnisses auf den Mieter umgelegt werden.
Rz. 59
Maßgebend sind nicht die tatsächlichen Bewirtschaftungskosten des Bewertungsobjekts, sondern diejenigen nach den Erfahrungssätzen der Gutachterausschüsse, § 187 Abs. 2 S. 1 BewG. Liegen – wie regelmäßig der Fall – entsprechende Erfahrungssätze nicht vor, ist von den pauschalierten Bewirtschaftungskosten nach Anlage 23 zum BewG auszugehen, § 187 Abs. 2 S. 2 BewG. Danach gilt: je kürzer die Restnutzdauer (gem. Anlage 22 zum BewG) der Immobilie, desto höher die Bewirtschaftungskosten.
(d) Bodenwertverzinsung
Rz. 60
Der Reinertrag (= Rohertrag abzüglich Bewirtschaftungskosten), vermindert um die Bodenwertverzinsung, ergibt den Gebäudereinertrag, § 185 Abs. 2 S. 1 BewG. Diese Reduzierung des Reinertrags um die Verzinsung des Bodenwerts ist der Tatsache geschuldet, dass das in den Grund und Boden investierte Kapital nicht anderweitig genutzt werden kann und daher (im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem erzielten Ertrag stehenden) abzugsfähigen Aufwand darstellt. Denn das in den Grund und Boden investierte Kapital könnte auch anderweitig ertragbringend eingesetzt werden.
Rz. 61
Der Verzinsung des Bodenwerts ist der Liegenschaftszinssatz (§ 188 BewG) zugrunde zu legen, § 185 Abs. 2 S. 2 BewG. Der Liegenschaftszinssatz ist der Zinssatz, mit dem der Verkehrswert von Grundstücken im Durchschnitt marktüblich verzinst wird, § 188 Abs. 1 BewG (Renditeerwartung eines Käufers).
Rz. 62
Anzuwenden sind die von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. BauGB ermittelten örtlichen Liegenschaftszinssätze, § 188 Abs. 2 S. 1 BewG. Nach der Finanzverwaltung...