(1) Allgemeines
Rz. 66
Im Sachwertverfahren (§§ 189–191 BewG) werden nach § 182 Abs. 4 BewG alle Grundstücke bewertet,
▪ |
für die an sich das Vergleichswertverfahren greift, für die allerdings keine (von den Gutachterausschüssen ermittelten) Vergleichswerte vorliegen, sowie |
▪ |
Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, wenn sie nicht im Ertragswertverfahren zu bewerten sind, und schließlich |
▪ |
sonstige bebaute Grundstücke i.S.v. § 181 Abs. 8 BewG (z.B. Vereins- oder Klubhäuser, Almen, Jagdhütten). |
Das Sachwertverfahren stellt mithin im Verhältnis zum Vergleichswertverfahren und Ertragswertverfahren ein subsidiäres "Auffangverfahren" für die Bewertung dar.
Rz. 67
Bei Anwendung des Sachwertverfahrens ist der Wert des Gebäudes (Gebäudesachwert) getrennt vom Bodenwert zu ermitteln, § 189 Abs. 1 S. 1 BewG. Der Bodenwert und der Gebäudesachwert ergeben zusammen den vorläufigen Sachwert des Grundstücks, welcher zur Anpassung an den gemeinen Wert mit der Wertzahl zu multiplizieren ist, § 189 Abs. 3 BewG.
Rz. 68
Sonstige bauliche Anlagen, insbesondere Außenanlagen, und der Wert der sonstigen Anlagen sind regelmäßig mit dem Gebäudewert und dem Bodenwert abgegolten, § 189 Abs. 1 S. 2 BewG. Nur in Ausnahmefällen mit besonders werthaltigen Außenanlagen (z.B. ein größerer Swimmingpool) und sonstigen Anlagen werden hierfür gesonderte Wertansätze nach gewöhnlichen Herstellungskosten berücksichtigt.
Rz. 69
Wie beim Ertragswertverfahren arbeitet der Verordnungsgeber auch beim Sachwertverfahren mit der Annahme vollumfänglicher Instandhaltung. Folglich bleiben Bauschäden, unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen sowie der sog. Reparaturrückstau auch in diesem typisierenden Bewertungsverfahren unberücksichtigt. Die Wertminderung kann nur beim Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gem. § 198 BewG (siehe Rdn 97 ff.>) berücksichtigt werden.
(2) Bodenwert
Rz. 70
Der Bodenwert ist im Sachwertverfahren und im Ertragswertverfahren (siehe Rdn 52>) wie bei einem unbebauten Grundstück nach Maßgabe des § 179 BewG zu ermitteln (siehe Rdn 23>), § 189 Abs. 2 BewG. Dies bedeutet, dass es (unabhängig von der vorhandenen Bebauung) auch hier zu Abweichungen bzw. Anpassungen von Bodenrichtwerten (siehe Rdn 26 ff.>) kommen kann.
(3) Gebäudesachwert
Rz. 71
Der Gebäudesachwert ermittelt sich aus dem Gebäuderegelherstellungswert abzüglich einer Alterswertminderung, § 190 Abs. 1, 4 BewG.
(a) Gebäuderegelherstellungswert
Rz. 72
Der Gebäuderegelherstellungswert ergibt sich aus der Multiplikation der Regelherstellungskosten mit der Brutto-Grundfläche des Gebäudes, § 190 Abs. 1 S. 2 BewG.
Die Regelherstellungskosten (RHK) sind in der Anlage 24 zum BewG enthalten, § 190 Abs. 1 S. 3 BewG. Es gelten also nicht die tatsächlichen Herstellungskosten des Gebäudes, sondern typisierte Werte. Maßgeblich für die Bestimmung der zutreffenden Regelherstellungskosten aus Anlage 24 sind die Grundstücksart, die Gebäudeart und der Gebäudestandard. Der Gebäudestandard wird anhand von fünf (einfachst/einfach/Basis/gehoben/aufwendig) Standardstufen bestimmt. Hinsichtlich des Gebäudetyps wird insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhäusern im Rahmen der Unterkellerung und des Dachgeschossausbaus differenziert.
Die aus Anlage 24 zum BewG für das Gebäude ermittelten Regelherstellungskosten (Kostenstand 2010) sind nach § 190 Abs. 2 BewG auf den Bewertungsstichtag anzupassen. Diese Anpassung erfolgt mittels vom Bundesministerium der Finanzen im Bundessteuerblatt veröffentlichten Baupreisindizes für Wohn- und Nichtwohngebäude.
Rz. 73
Mit Schreiben vom 18.1.2021 hat das BMF die Baupreisindizes für Bewertungsstichtage im Kalenderjahr 2021 für
▪ |
Gebäudearten 1.01. bis 5.1. Anlage 24, Teil II zum BewG – insbesondere Wohngebäude – i.H.v. 129,2 und |
▪ |
Gebäudearten 5.2. bis 18.2. Anlage 24, Teil II zum BewG – insbesondere Nichtwohngebäude – i.H.v. 130,1 |
veröffentlicht.
Rz. 74
Die Brutto-Grundfläche (BGF) ist in der Anlage 24 Teil I zum BewG zwingend definiert. Es handelt sich danach grundsätzlich um die Summe aus den Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks und deren konstruktiven Umschließungen. Konstruktive und gestalterische Vor- und Rücksprünge Fußsockelleisten sowie vorstehende Teile von Fenster- und Türbekleidungen etc. bleiben dabei unberücksichtigt. Für die Ermittlung der Brutto-Grundfläche sind die äußeren Maße der Bauteile (einschließlich Bekleidung, z.B. Putz) anzusetzen. Die Finanzverwaltung rechnet auch nicht ausgebaute aber ausbaufähige Dachgeschosse auf die Brutto-Grundfläche an. Diese werden mit ihrer vollen Fläche als auf die BGF angerechnet, wenn deren lichte Höhe über 1,25 Meter beträgt und sie begehbar sind.
Nicht zur Brutto-Grundfläche gehören z.B. Flächen von Spitzböden und Kriechkellern, Flächen, die ausschließlich der Wartung, Inspektion und Instandsetzung von Baukonstruktionen und technischen Anlagen dienen, sowie Flächen unter konstruktiven Hohlräumen, z.B. über abgehängten Decken.
Rz. 75
Die Finanzverwaltung sieht für Wohnungseigentum in Mehrfamilienhäusern einen Umrechnungsfaktor hinsichtlich...