Rz. 66
Ähnlich wie die Vor- und Nacherbschaft kann auch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung, insbesondere in Form der Dauertestamentsvollstreckung (wegen Einzelheiten vgl. § 10), in vielen Konstellationen ein äußerst sinnvolles Gestaltungsmittel darstellen, um eine wirtschaftlich sinnvolle Fortführung des Unternehmens zu gewährleisten. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Erbe (noch) nicht in der Lage ist, die unternehmerische Verantwortung selbst zu übernehmen. Auch bei einer Mehrheit von Erben oder Vermächtnisnehmern kann die Bündelung der unternehmerischen Leitungsbefugnis in der Person des Testamentsvollstreckers eine sinnvolle Maßnahme darstellen.
Rz. 67
Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im Hinblick auf den handelsrechtlichen Grundsatz der unbeschränkten Haftung für im Geschäftsbetrieb begründete Verbindlichkeiten die Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung (die nach erbrechtlichen Grundsätzen mit einer auf das Nachlassvermögen beschränkten Haftung einhergeht) eingeschränkt ist. Zur Lösung dieses dogmatischen Konflikts haben sich in der Praxis drei verschiedene Lösungsvarianten herausgebildet, nämlich die sog. Vollmachtslösung, die Treuhandlösung und die Weisungsgeberlösung (Details hierzu vgl. § 10).
Rz. 68
Bei der Vollmachtslösung agiert der Testamentsvollstrecker als Bevollmächtigter des bzw. der eigentlichen Unternehmensnachfolger, der bzw. die auch als Inhaber des Unternehmens im Handelsregister eingetragen werden. Die Schwäche der Vollmachtslösung besteht darin, dass die Vollmacht widerrufen werden kann. Diese Möglichkeit muss durch entsprechende erbrechtliche Anordnungen, z.B. auflösende Bedingungen oder wenigstens Auflagen, eingeschränkt werden. Des Weiteren kennt das deutsche Recht keine verdrängende Vollmacht mit der Folge, dass neben dem Testamentsvollstrecker auch die Erben bzw. Vermächtnisnehmer im Außenverhältnis wirksam handeln können.
Deutlich weitergehend ist die Rechtsposition des Testamentsvollstreckers im Rahmen der Treuhandlösung. Denn hier ist er selbst Unternehmer und als solcher auch im Handelsregister eingetragen. Allerdings übt er die Unternehmerstellung bzw. Tätigkeit treuhänderisch für den oder die Erben und/oder Vermächtnisnehmer aus.
Rz. 69
Soweit Gegenstand der Testamentsvollstreckung ein Einzelunternehmen oder der Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters sein soll, birgt die Treuhandlösung für den Testamentsvollstrecker erhebliche Haftungsrisiken. Denn im Außenverhältnis haftet er gegenüber den Gläubigern des Unternehmens unbeschränkt und unbeschränkbar. Im Innenverhältnis steht ihm zwar ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem Nachlass zu. Dieser ist jedoch von vornherein auf den Umfang des Nachlasses beschränkt mit der Folge, dass sich der Testamentsvollstrecker für eine etwaige überschießende Außenhaftung beim Nachlass nicht schadlos halten kann. Dies wird die Bereitschaft zur Übernahme einer derartigen Testamentsvollstreckung von vornherein einschränken. Im Übrigen wirkt es sich selbstverständlich auch auf den Umfang der dem Testamentsvollstrecker zuzubilligenden Vergütung entsprechend aus.
Rz. 70
Bei der Weisungsgeberlösung agiert der Testamentsvollstrecker lediglich im Hintergrund. Die Unternehmensnachfolger haben hier zwar alle oder auch nur bestimmte Entscheidungen und Maßnahmen im Vorfeld mit ihm abzustimmen und seine Erlaubnis bzw. Zustimmung einzuholen. Im Außenverhältnis leiten sie jedoch das Unternehmen in eigener Verantwortung. Die Weisungsgeberlösung kommt vor diesem Hintergrund nur in Konstellationen in Betracht, in denen der Unternehmensnachfolger bereits selbst in der Lage ist, das Unternehmen zu führen. Darüber hinaus muss die Stellung des Weisungsgebers durch aufschiebende oder auflösende Bedingungen sowie ggf. weitere Auflagen und Anordnungen verstärkt werden, damit seine Bemühungen später nicht insgesamt leerlaufen.
Rz. 71
Unabhängig von der Art und Weise der Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung liegt der Schlüssel zum Erfolg hier aber – wie immer bei der Testamentsvollstreckung – in der Auswahl des richtigen Testamentsvollstreckers. Dieser muss auf der einen Seite in der Lage sein, die unternehmerische Führung tatsächlich zu übernehmen. Das bedeutet, er muss über die hierzu erforderliche Sachkenntnis (bezogen auf das konkrete Unternehmen) verfügen. Des Weiteren muss er nicht nur die Bereitschaft sondern auch die (insbesondere zeitlichen) Ressourcen haben, um der ihm zu übertragenden Aufgabe gerecht werden zu können. Dass diese mitunter doch sehr aufwendige und fordernde Tätigkeit angemessen (um nicht zu sagen großzügig) vergütet werden sollte, dürfte sich von selbst verstehen.