Rz. 48
Grundsätzlich gilt, dass der Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch gegenüber der Staatskasse nach § 45 RVG auch dann nicht verliert, wenn die Verfahrenskostenhilfe aufgehoben wird, denn die Beiordnung besteht daneben unverändert fort. Hier ist es vielmehr so, dass das Gericht die dem anwaltlichen Vertreter im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe gezahlte oder noch zu zahlende Vergütung beim Antragsteller zurückfordern wird.
Rz. 49
Ein einmal beigeordneter Anwalt kann daher auch nicht ohne weiteres gewechselt werden. Auf Antrag des Anwalts kann gem. § 48 Abs. 2 BRAO eine Entpflichtung erfolgen, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist. Ein wichtiger Grund kann vorliegen, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant nachhaltig und tiefgreifend zerstört ist. Ein wichtiger Grund ist aber nicht gegeben, wenn sich der Beklagte – zu Recht (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) – weigert, die Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 VV RVG zu bezahlen, wenn die Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird und über den beantragten Wert ein Verfahren in der Hauptsache stattfindet, vgl. dazu auch § 16 Nr. 2 RVG. Sofern ein beigeordneter Rechtsanwalt nach § 78c Abs. 2 ZPO sein Tätigwerden von einer Vorschusszahlung abhängig gemacht hat, ist die Nichtzahlung des Vorschusses ein wichtiger Grund im Sinn des § 48 Abs. 2 BRAO.
Rz. 50
Durch einseitige und der Sache nach nicht gerechtfertigte Vorwürfe kann nach Ansicht des OLG Hamm ein Antragsteller das Vertrauensverhältnis seinerseits nicht so schädigen, um dann gemäß § 48 Abs. 2 BRAO selbst die Entpflichtung des vormals von ihm persönlich gewählten Rechtsanwalts, der seinerseits keinen Anlass zu einem Vertrauensverlust gegeben hat, zu erreichen. Ist das Vertrauensverhältnis zum bisher beigeordneten Rechtsanwalt ohne sachlich gerechtfertigtes und mutwilliges Verhalten der Partei zerstört worden, hat die Partei keinen Anspruch auf Beiordnung eines weiteren Anwalts. In der zugrundeliegenden BGH-Entscheidung hatte der Mandant selbst sich über die Möglichkeiten der Entpflichtung bei Gericht erkundigt.
Rz. 51
Sofern der Mandant Äußerungen auf die konkrete Vorgehensweise des Anwalts vornimmt, nicht aber etwa sich auf dessen Person oder Qualifikation bezieht und die Äußerungen lediglich intern zwischen Mandant und Rechtsanwalt stattfanden, rechtfertigt dies dagegen nach Ansicht des BGH’s die Aufhebung der Beiordnung nicht. Nicht jede unangemessene Äußerung kann bereits die Annahme eines tiefgreifenden Vertrauensverlustes rechtfertigen. Sowohl die Aufhebung der Beiordnung ohne Antrag als auch die Zurückweisung eines Antrags auf Aufhebung der Beiordnung durch den Anwalt kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (Notfrist: 2 Wochen ab Zustellung des Beschlusses). Eine rückwirkende Aufhebung der Beiordnung kommt grundsätzlich nicht in Betracht; die bis zur Aufhebung entstandenen Gebührenansprüche des beigeordneten Anwalts dürfen nicht gekürzt werden. Im Rahmen der Aufhebung der Beiordnung nach § 48 Abs. 2 BRAO sind darüber hinaus auch die Interessen der übrigen Parteien/Beteiligten an einem zügigen Rechtstreit in die Erwägung mit einzubeziehen, da der Anwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist. Die Äußerung eines Mandanten gegenüber seinem Prozessbevollmächtigen "… von Baurecht haben Sie wirklich keine Ahnung. Sie können nur Fälle gewinnen, bei denen der Hund in Nachbars Garten bellt", wird nicht als wichtiger Grund für die Aufhebung einer Beiordnung angesehen. Ausschlaggebend für die Entscheidung war dabei, dass die Äußerung ohne jeglichen Hintergrund gegenüber dem Prozessbevollmächtigten getroffen wurde.