a) Allgemeine Ausführungen
Rz. 128
Nach §§ 113 Abs. 1, 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO setzt die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe auch voraus, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. In § 114 Abs. 2 ZPO wird die Mutwilligkeit wie folgt definiert:
Zitat
"(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht."
Rz. 129
Problematisch ist dabei nach Kindermann die Frage, ob der Antragsteller verpflichtet sein kann, seine Verfahrenstaktik darzulegen, um die fehlende Mutwilligkeit zu begründen. Denn damit informiert er die Gegenseite über seine Verfahrenstaktik, während der auf eigene Kosten antragstellende Beteiligte ein solches nicht muss.
Ob ein Verfahrenskostenhilfeantrag mutwillig ist, ist in entsprechender Auslegung unter Bewertung von § 121 ZPO vorzunehmen.
Rz. 130
Erst zuletzt hat der BGH in einer vom Antragsgegner in unzulässiger Weise unter Missachtung des Anwaltszwangs eingelegten Rechtsbeschwerde entschieden, dass die begehrte Verfahrenskostenhilfe zu verwehren ist, weil die Rechtsverfolgung materiell-rechtlich ohne jegliche Erfolgsaussicht war und ein vermögender Beteiligter bei verständiger Würdigung das Verfahren nicht betreiben würde.
Rz. 131
Keine Mutwilligkeit liegt nach Ansicht des OLG Düsseldorf vor bei der Anfechtung einer in Kenntnis der Abstammung des Kindes von einem anderen Mann anerkannten Vaterschaft.
Zitat
"1. Dem Recht auf Vaterschaftsanfechtung gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB steht nicht deshalb der Einwand unzulässiger Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen, weil der Anfechtende bei Anerkennung der Vaterschaft gewusst hat, dass das Kind von einem anderen Mann abstammt. (Rn 4)"
2. Die Anfechtung einer bewusst wahrheitswidrig anerkannten Vaterschaft durch den Anerkennenden ist nicht mutwillig im Sinne von §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1, Absatz 2 ZPO. (Rn 6)“
b) Fehlende Stellungnahme im VKH-Prüfungsverfahren
Rz. 132
Fraglich ist darüber hinaus, ob die fehlende Stellungnahme im VKH-Prüfungsverfahren eine Mutwilligkeit darstellt. Eine Untätigkeit im VKH-Prüfungsverfahren kann sich für den Antragsgegner rächen, wenn er im späteren Hauptsacheverfahren selbst VKH beantragt. Hier wird ihm die fehlende Stellungnahme im VKH-Prüfungsverfahren möglicherweise als Mutwilligkeit ausgelegt.
Zitat
"1. Unterlässt es der Antragsgegner anlässlich der Prüfung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zugunsten des Antragstellers ohne triftigen Grund, in einer rechtzeitigen Stellungnahme Einwendungen geltend zu machen, mit denen er ohne weiteren Aufwand ein Hauptsacheverfahren verhindern könnte, so ist seine spätere entsprechende Rechtsverteidigung als verfahrenskostenhilferechtlich mutwillig i.S.v. § 114 ZPO, § 113 Abs. 1 FamFG zu beurteilen."
2. Dies gilt insbesondere, wenn er materiell-rechtlich zu entsprechender Auskunft verpflichtet ist oder ihm gegenüber einer Inanspruchnahme eine Darlegungslast obliegt, deren Verletzung der Gesetzgeber – wie etwa in § 243 S. 2 Nr. 2 FamFG oder § 93d ZPO a.F. – ausdrücklich im Rahmen der Kostenentscheidung sanktioniert.“
Rz. 133
Die Gerichte sind unterschiedlicher Auffassung.
Keine Mutwilligkeit liegt vor,
▪ |
wenn der Antragsgegner keine Stellung nimmt, im gerichtlichen Verfahren dann selbst VKH begehrt |
▪ |
wenn der Antragsgegner nicht anwaltlich vertreten ist. |
Rz. 134
Mutwilligkeit liegt vor,
▪ |
wenn der Antragsgegner zum VKH-Gesuch der Gegenseite erklärt hat, keine Erklärung abzugeben. |
▪ |
wenn der Antragsgegner es ohne triftigen Grund unterlässt, anlässlich der Prüfung der Bewilligung von VKH zugunsten des Antragsstellers in einer rechtzeitigen Stellungnahme Einwendungen geltend zu machen, mit denen er ohne besonderen Aufwand (z.B. wegen vorhandener vorgerichtlicher Anwaltsschriftsätze oder eigener Verteidigungsschreiben oder wegen einfacher Übermittlung von Ablichtungen vorhandener Unterlagen) seine gerichtliche Inanspruchnahme zu verhindern. |
Rz. 135
Allerdings wird hierbei m.E. nicht berücksichtigt, dass der Antragsgegner dann auf seinen Kosten sitzen bleibt, wenn dem Antragsteller VKH nicht bewilligt wird, der Antragsteller auf die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens verzichtet und der Antragsgegner sich im VKH-Prüfungsverfahren von einem Anwalt vertreten lassen hat. Dann ist nach Nr. 3335 VV RVG eine 1,0 Verfahrensgebühr nach der Tabelle zu § 13 RV...