Rz. 140
Nach Ansicht des OLG Nürnberg ist die Einleitung eines Umgangsverfahrens mutwillig, wenn sich die Beteiligten in einem vorangegangenen Umgangsverfahren auf die Durchführung einer Mediation geeinigt haben, diese Mediation aber erst begonnen hat und keine Gründe vorgetragen werden, die eine kurzfristige gerichtliche Regelung nahelegen.
Rz. 141
Wird in einem Umgangs- und Sorgerechtsverfahren vor Anrufung des Gerichts die Beratungsmöglichkeit des Jugendamts nicht genutzt, wird ein ohne Einschaltung des Jugendamts erhobener gerichtlicher Antrag in der Regel als mutwillig angesehen, sodass Verfahrenskostenhilfe zu versagen ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Versuch einer außergerichtlichen Einigung von vornherein erkennbar aussichtslos ist oder keinen Erfolg in angemessener Zeit verspricht, die Sache damit dringlich ist.
Rz. 142
Nach anderer Auffassung gibt es keinen Erfahrungssatz, wonach bemittelte Parteien regelmäßig vor Anrufung des Gerichts in derartigen Verfahren eine außergerichtliche Streitbeilegung durch das Jugendamt wahrnehmen würden, weshalb eine Mutwilligkeit in diesen Fällen nicht anzunehmen ist und ein Versagungsgrund für die Verfahrenskostenhilfe damit in solchen Fällen nicht vorliegt. Zu Recht wird angeführt, dass eine Beratung beim Jugendamt nicht gesetzlich vorgeschrieben ist und darüber hinaus die Erledigung des Verfahrens verzögert. In einer sehr aktuellen Entscheidung im Jahr 2017 hat daher auch das OLG Frankfurt a.M. entschieden, dass es nicht grundsätzlich mutwillig ist, das Familiengericht ohne vorherige Inanspruchnahme des Jugendamtes anzurufen, da das Verfahrensrecht eine grundsätzliche Pflicht zur vorgerichtlichen Beratung oder Streitschlichtung beim Jugendamt, bevor der mittellose Umgangsberechtigte das Familiengericht einschalten kann, ausdrücklich nicht vorsieht. Auch gibt es keine Pflicht im Rahmen der elterlichen Verantwortung sich unter Beachtung des Kindeswohls zu einigen. Ob die Anrufung des Familiengerichts bei unterbliebener Inanspruchnahme des Jugendamtes trotzdem mutwillig ist, ist im Einzelnen zu prüfen.
Rz. 143
Wird einer konkret beantragten Umgangsregelung eine entsprechende Erfolgsaussicht abgesprochen, kann dies die Ablehnung eines Verfahrenskostenhilfegesuchs nicht rechtfertigen, weil es sich insoweit um einen Verfahrensantrag handelt.
Rz. 144
Nach Ansicht des OLG Celle kann ein Verfahrenskostenhilfegesuch auch dann mutwillig sein, wenn mit dem Verfahren eine Neuregelung des Umgangs mit dem Kind angestrebt wird, die durch ein schwerwiegendes und zielgerichtetes Fehlverhalten des umgangswilligen Elternteils (Tötung der Kindesmutter) erforderlich wurde. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang noch, dass die Entscheidung des OLG Celle sich auch mit der Frage der Weite der Amtsermittlung gem. § 26 FamFG befasst hat. Das OLG Celle hat zu Recht betont, dass bei der materiell-rechtlichen Prüfung der Kindeswohlgefährdung i.S.v. § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB im Verfahren sämtliche Erkenntnisquellen auszuschöpfen sind, die für die umfassende Sachverhaltsaufklärung erforderlich sind. Weber merkt zu Recht zur Entscheidung des OLG Celle jedoch an, dass die vorgebrachten Gründe für die Annahme einer Mutwilligkeit in diesem Verfahren nicht stichhaltig sind. Auch eine wirtschaftlich verständig denkende Person würde hier sicherlich ohne Rücksicht auf etwaige Kosten versuchen, ihr Umgangsrecht durchzusetzen, zumal das Motiv für die Tötung der Mutter in einer übersteigerten Sorge um das Kindeswohl begründet gewesen sein soll. Menschlich verständlich ist die Entscheidung gleichwohl. Es dürfte wohl nahezu jedem Menschen widerstreben, ein Verfahren auf Staatskosten zu ermöglichen; denn auch wenn eine Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf eine etwaige Kindeswohlgefährdung, und damit die Möglichkeit der Ablehnung mangels Aussicht auf Erfolg, umfassend sein muss, liegt es doch nahe, dass der Umgang mit dem Kind vorliegend verwehrt wird, um eine Re-Traumatisierung zu vermeiden.
Rz. 145
Der Auffassung des OLG Celle hat der BGH inzwischen zumindest teilweise widersprochen:
Zitat
"Allein der Umstand, dass der Antragsteller durch eine Straftat die Ursache für ein späteres gerichtliches Verfahren gesetzt hat, für dessen Durchführung er um Verfahrenskostenhilfe nachsucht, lässt seine Rechtsverfolgung nicht als mutwillig erscheinen."
Rz. 146
Der BGH stimmt dem OLG Celle insoweit zu, dass sachverständig zu klären sein wird, ob aus Kindeswohlgründen die Beibehaltung der Vater-Sohn-Beziehung den Vorzug verdient, oder ob die Gefahr einer Re-Traumatisierung des Kindes überwiegt. Die Erfolgsaussichten sind damit nicht von vornherein abzusprechen. Nach Ansicht des BGH kann nach dem klaren Wortlaut des § 114 Abs. 2 ZPO in der seit 1.1.2014 geltenden Fassung vorliegend keine Mutwilligkeit angenommen werden, da nicht angenommen werden kann, dass ein Beteiligter, der keine Verfahrenskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung al...