Rz. 275

Das für den Ausgleichsberechtigten begründete Anrecht muss grds. den gleichen Risikoschutz bieten wie das ausgeglichene Anrecht (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG). Insofern gestattet der Gesetzgeber den Versorgungsträgern aber gewisse Einschränkungen, wenn diese durch Verbesserungen in anderen Bereichen kompensiert werden. Im Einzelnen gilt:

 

Rz. 276

In Bezug auf die Sicherung gegen das Risiko Alter muss das für den Ausgleichsberechtigten begründete Anrecht dem Ausgangsanrecht des Ausgleichspflichtigen in jedem Detail entsprechen. Das gilt etwa für

den Beginn der Leistungserbringung,
die Art der aus dem Anrecht fließenden Leistungen (Kapital oder Rente),
die Höhe der Leistung (soweit sie von der Ausgestaltung des Anrechts abhängt),
die Dauer der Leistung.

Differenzierungen zwischen dem ausgeglichenen und dem neu begründeten Anrecht sind insoweit verboten.

 

Rz. 277

Zur Erleichterung der Abwicklung für die Versorgungsträger hat der Gesetzgeber aber die Möglichkeit geschaffen, die Absicherung des Risikos Invalidität und die Hinterbliebenenversorgung einzuschränken. Das bedeutet, dass der Versorgungsträger vorsehen kann, dass eine im Wege des Versorgungsausgleichs begründete Versorgung weder eine Absicherung gegen das Risiko der Erwerbsunfähigkeit vorsieht noch eine Hinterbliebenenversorgung. Ebenso ist möglich, dass der Versorgungsträger den Ausschluss auf eines dieser Risiken beschränkt, dass also das neu begründete Anrecht zwar die Risiken Alter und Invalidität vorsieht, aber keine Hinterbliebenenversorgung oder dass das Anrecht eine Hinterbliebenenversorgung vorsieht, aber das Risiko der Invalidität aus seinem Leistungsspektrum herausgenommen ist.

 

Rz. 278

Zum Schutz des Ausgleichsberechtigten hat der Gesetzgeber angeordnet, dass die Reduzierung der abgesicherten Risiken durch den Versorgungsträger nicht kompensationslos erfolgen darf. Die Reduzierung der Risikoabsicherung muss vielmehr durch die Erhöhung der Leistungen für die Altersversorgung kompensiert werden. Auch insofern kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Zulässig ist es etwa,

die monatliche Altersrente zu erhöhen,
eine höhere Dynamik für die Altersrente festzuschreiben,
einen früheren Beginn für die Altersrente vorzusehen,[186]
ergänzende Kapitalzahlungen vorzusehen.
 

Rz. 279

Nicht erforderlich ist, dass die gesamte Kompensation über die Verbesserung der Altersversorgung erfolgt. Die Formulierung in § 11 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG geht vielmehr von dem Regelfall aus, dass der Versorgungsträger sein Risiko auf das der Altersabsicherung beschränkt. In einem solchen Fall kann die Kompensation auch nur über die Altersversorgung erfolgen. Zulässig ist es aber auch, nicht ausschließlich über die Altersversorgung zu kompensieren, wenn die Absicherung der sonstigen Risiken nicht vollständig ausgeschlossen ist.[187] Wenn also nur die Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen ist, ist es zulässig einen (kleineren) Teil der Kompensation auch auf die Invaliditätsabsicherung zu übertragen. Entsprechendes gilt beim Ausschluss der Invaliditätsversorgung.

 

Rz. 280

Probleme bereitet immer die genaue Bewertung der Kompensationsleistung.[188] Während bei einem Ausschluss der Invalidität aus dem Risikoabsicherungsbereich zumindest grob die Differenz der Barwerttabellen 1 und 2 der BarwertVO einen Anhaltspunkt für den Wertunterschied zwischen einer Versorgung mit Alters- und Invaliditätsabsicherung und einer solchen, die nur gegen das Risiko Alter sichert, geben kann, wird die Bewertung bei einem Wegfall der Hinterbliebenenversorgung noch schwieriger. In derartigen Fällen muss der Versorgungsträger nachvollziehbar und klar darlegen (§ 220 Abs. 4 Satz 1 FamFG), wie er auf seine Erhöhungswerte für die Altersversorgung kommt. Die Parameter für die versicherungsmathematische Berechnung des gebotenen Aufschlags bei Beschränkung des für den Ausgleichspflichtigen bestehenden Risikoschutzes auf eine Altersversorgung des Ausgleichsberechtigten müssen aber nicht bereits in der Versorgungsordnung vorgegeben werden; es reicht die Darstellung der Berechnung im Versorgungsausgleichsverfahren.[189] Eine Möglichkeit zur überschlägigen Berechnung der notwendigen Zuschläge hat Hauß dargelegt.[190] Von der Möglichkeit, sich die Berechnung von einem Mitarbeiter des Versorgungsträgers in der mündlichen Verhandlung erläutern zu lassen (§ 220 Abs. 4 Satz 2 FamFG), sollte Gebrauch gemacht werden. Trotzdem wird in Zweifelsfällen keine andere Möglichkeit bestehen, als eine versicherungsmathematisch genaue Berechnung durch einen Rentensachverständigen erstellen zu lassen. Das gilt umso mehr, als anscheinend in der Praxis die Versorgungsträger Zuschläge vornehmen, die weder nach Alter noch nach Geschlecht differenzieren. Die Kompensationszuschläge weichen dabei auch teilweise erheblich von sonstigen Kompensationslösungen ab, v.a. von den sog. Zölibatsklauseln, welche eine Majorisierung der Altersversorgung bei Verzicht auf eine Hinterbliebenenversorgung vorsehen. Es ist zu befürchten, ...

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