Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
A. Keine Rechtspflicht zur Amtsannahme
Rz. 1
Zur Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker besteht keine Rechtspflicht, auch nicht bei der Bestimmung durch das Nachlassgericht. Mittelbare Sanktionen wie eine Schadenersatzpflicht bestehen ebenfalls nicht. Dem korrespondiert die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit durch den Testamentsvollstrecker nach § 2226 BGB. Umstritten ist die Frage, ob sich ein Testamentsvollstrecker bereits zu Lebzeiten des Erblassers zur Amtsannahme verpflichten kann.
B. Überblick über das Verfahrensrecht
I. Begriffsbestimmung der Nachlass- und Teilungssachen
Rz. 2
§ 342 Abs. 1 Nr. 1–8 FamFG gibt eine gesetzliche Definition der Nachlasssachen. Ergänzt wird diese Regelung durch § 342 Abs. 1 Nr. 9 FamFG, der auch die sonstigen, den Nachlassgerichten durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben in den Anwendungsbereich aufnimmt. Damit wird deutlich, wie auch ein Vergleich mit der enumerativen Aufzählung in § 342 Abs. 2 FamFG zeigt, dass es sich bei der Regelung in § 342 Abs. 1 FamFG um keine abschließende Regelung handelt.
II. Gesetzessystematik im Nachlassverfahren
Rz. 3
Zuständig für die Nachlass- und Teilungssachen sind die Amtsgerichte, § 23a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GVG.
1. Anwendbares Verfahrensrecht
Rz. 4
Vorrangig finden die speziellen Vorschriften Anwendung, also
Sodann gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils, d.h. die §§ 1–110 FamFG.
2. Örtliche Zuständigkeit in Nachlasssachen
a) Allgemeine Zuständigkeitsregelungen
Rz. 5
Maßgeblich ist der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes, § 343 Abs. 1 FamFG. Hilfsweise ist das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser bei seinem Tod seinen Aufenthalt hatte. Die für deutsche Erblasser geregelte subsidiäre Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg in Berlin findet sich in § 343 Abs. 3 S. 2 FamFG. Ist der Erblasser Ausländer und hatte er zum Zeitpunkt seines Ablebens im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist jedes Nachlassgericht, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenstände befinden, für alle Nachlassgegenstände zuständig.
Beispiel
Verstirbt ein Ausländer bei seiner Durchreise in Deutschland und hinterlässt er im Hotelzimmer sein Gepäck, wäre die Zuständigkeit des örtlichen Nachlassgerichts für alle Nachlassgegenstände gegeben.
b) Besondere Zuständigkeitsregelungen
Rz. 6
Für typische Fälle enthält § 344 FamFG Vorschriften über eine besondere örtliche Zuständigkeit. Da es sich hierbei nicht um eine ausschließliche Zuständigkeit handelt, ist diese Zuständigkeit zusätzlich zur allgemeinen Zuständigkeit gegeben. In der Praxis besonders wichtig erscheinen folgende Fälle:
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Nachlasssicherung: jedes Nachlassgericht ist zuständig, in dessen Bezirk das Sicherungsbedürfnis entstanden ist, § 344 Abs. 4 FamFG. |
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Ausschlagung der Erbschaft: Sowohl für die Ausschlagung der Erbschaft nach § 1945 Abs. 1 BGB als auch die Anfechtung der Ausschlagung, § 1955 BGB, ist das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk der Ausschlagende oder Anfechtende seinen Wohnsitz hat, § 344 Abs. 7 FamFG. Durch die gleichzeitig erfolgte Regelung, dass die Niederschrift von diesem Gericht an das zuständige Nachlassgericht zu übersenden ist, wird deutlich, dass durch die Abgabe einer fristwahrenden Erklärung beim Wohnsitz-Nachlassgericht in Zukunft Fristversäumnisse vermieden werden können. Diesem Vorteil steht nunmehr aber das Problem gegenüber, dass es von der Geschwindigkeit des Übermittlungsweges zwischen den Gerichten abhängt, wie schnell Rechtssicherheit darüber geschaffen werden kann, ob eine Ausschlagung erfolgt ist. Die Praxis wird zeigen, ob hierdurch die Arbeit der Nachlassgerichte behindert werden wird. |
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Besondere amtliche Verwahrung von Testamenten und Erbverträgen: Bei eigenhändigen Testamenten nach § 2247 BGB ist jedes Nachlassgericht zuständig, § 344 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, für Testamente, die vor einem Notar oder vor einem Bürgermeister errichtet wurden, das Nachlassgericht des jeweiligen Amtsbezirks, § 344 Abs. 1 Nr. 1, 2 FamFG. Die erneute besondere amtliche Verwahrung eines gemeinschaftlichen Testamentes nach dem Tod des Erstversterbenden kann der Überlebende bei jedem Nachlassgericht verlangen, ansonsten erfolgt sie bei dem für den Nachlass des Erstverstorbenen zuständigen Gericht. |
3. Internationale Zuständigkeit in Nachlasssachen
Rz. 7
Nach § 105 FamFG sind die deutschen Nachlassgerichte, wenn sie örtlich zuständig sind, auch international zuständig. Ihre internationale Zuständigkeit beschränkt sich dabei nicht auf das in Deutschland belegene Vermögen, wie sich aus § 2369 Abs. 1 BGB ergibt. Die Erteilung des Erbscheins kann allerdings ...