Rz. 89

Die Ansprüche auf Auskunfts- und Wertermittlung des § 2314 BGB können sowohl einzeln im Wege der Leistungsklage als auch gem. § 254 ZPO als Stufenklage verfolgt werden. Der Antrag auf Auskunft ist dabei möglichst konkret zu fassen, damit er später auch vollstreckt werden kann. Der Klageantrag sollte sich demzufolge auf die folgenden Punkte, die ein Nachlassverzeichnis grundsätzlich zu enthalten hat, erstrecken:[178]

auf die im Erbfall tatsächlich vorhandenen Gegenstände und Forderungen (Aktiva);
auf alle Nachlassverbindlichkeiten (Passiva);
auf alle Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat und die in den fiktiven Nachlass fallen könnten, einschließlich Pflicht- und Anstandsschenkungen und über alle ehebezogenen Zuwendungen unter Ehegatten;[179]
auf alle an Abkömmlinge erfolgten Zuwendungen, die nach §§ 2050 ff., 2326 BGB ausgleichspflichtig sind;[180]
auf den Güterstand, in dem der Erblasser gelebt hat;
auf Vorlage der entsprechenden Belege.[181]
 

Rz. 90

Das Auskunftsinteresse ist mit einer Quote des Wertes des Leistungsanspruchs zu bestimmen, der i.d.R. zwischen 1/10 und ¼ bemessen wird und umso höher anzusetzen ist, je geringer die Kenntnisse des Pflichtteilsberechtigten und sein Wissen über die zur Begründung seines Leistungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind.[182]

 

Rz. 91

Eine Berufung gegen eine gerichtlich festgestellte Auskunftsverpflichtung ist nach § 511 Abs. 2 ZPO nur zulässig, wenn das entsprechende Interesse mit mehr als 600 EUR zu beziffern ist.

Für den Auskunftsverpflichteten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich, welchen Aufwand er an Zeit und Kosten hat, um die geschuldete Auskunft erteilen zu können. Der Zeitaufwand des Auskunftsverpflichteten ist in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den der Auskunftsverpflichtete als Zeuge im Zivilprozess erhalten würde. Dieser beträgt grundsätzlich 3 EUR pro Stunde; Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, erhalten für Nachteile bei der Haushaltsführung 12 EUR pro Stunde. Der Aufwand an Zeit und Kosten ist vom Auskunftsverpflichteten glaubhaft zu machen. Die Kosten der Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur dann berücksichtigt werden, wenn der Auskunftsverpflichtete selbst zu einer sachgerechten Auskunft nicht in der Lage ist.[183] Die Notwendigkeit, Hilfspersonen in Anspruch zu nehmen, kann sowohl aufgrund des Alters des Auskunftsverpflichteten als auch aufgrund der Vielschichtigkeit der zu erteilenden Auskünfte gegeben sein.[184]

 

Rz. 92

Durch eine einstweilige Verfügung kann der Auskunftsanspruch nicht durchgesetzt werden.[185]

 

Rz. 93

Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmt die isolierte Klage auf Auskunftserteilung oder Wertermittlung nicht die Verjährungsfrist des Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruchs; eine solche Hemmung tritt lediglich mit Erhebung der Stufenklage ein. Die Stufenklage besteht aus zwei oder drei prozessualen Stufen,[186] nämlich dem Antrag auf Auskunftserteilung nebst Wertermittlung gem. § 2314 BGB, dem Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. § 260 Abs. 2 BGB und dem Leistungsantrag über die Zahlung des Pflichtteils. Der Leistungsantrag muss nicht genau beziffert sein. Eine Bezifferung des Leistungsanspruchs in Höhe eines Mindestanspruchs hindert aber nicht daran, dass eine Stufenklage vorliegt.[187] Eine unbezifferte Stufenklage verbunden mit einer bezifferten Teilklage, gerichtet auf die Zahlung des unstreitigen Teils des Pflichtteilsanspruch, ist möglich.[188] Über jede einzelne Stufe wird sukzessive entschieden, i.d.R. durch Teilurteil gem. § 301 ZPO.[189] In einem mit Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch ist der Anspruch auf Wertermittlung nicht enthalten, die Verjährung des Wertermittlungsanspruchs wird mangels Rechtshängigkeit des Wertermittlunsanspruchs nicht gehemmt.[190]

Ergänzend wird verwiesen auf die Ausführungen in § 14 Rdn 137 ff. zu den prozessualen Aspekten des Auskunfts- und Wertermittlungsanspruchs.

[178] BGH LM BGB § 2314 Nr. 5.
[179] Vgl. BGHZ 116, 167.
[180] BGH FamRZ 1965, 135.
[181] Musielak/Voit/Foerste, ZPO, § 253 Rn 32, Staudinger/Herzog, § 2314 Rn 156.
[183] BGH ZErb 2008, 415.
[184] OLG Braunschweig, ErbR 2010, 232.
[185] Bamberger/Roth/J. Mayer, § 2314 Rn 28.
[186] Thomas/Putzo, ZPO, § 254 Rn 2 ff.
[187] BGH FamRZ 1996, 1070.
[188] BGH NJW RR 2003, 68; OLG München ZErb 2012, 135.
[189] Lenz-Brendel, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, Der Erbprozess, § 7 Rn 208.

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