Rz. 98

Es stellt sich die Frage, ob für den Nachlasspfleger die Möglichkeit besteht, sich von einem unliebsamen, überschuldeten Nachlassgrundstück als einzigem Vermögensgegenstand durch Eigentumsaufgabe nach § 928 BGB zu trennen.

 

Rz. 99

Nach dieser Vorschrift kann das Eigentum an einem Grundstück dadurch aufgegeben werden, dass der Eigentümer den Verzicht dem Grundbuchamt gegenüber erklärt und der Verzicht in das Grundbuch eingetragen wird.

 

Rz. 100

Der Verzicht durch den Nachlasspfleger ist zulässig.[125] Die Eigentumsaufgabe bedarf gemäß §§ 1960, 1915, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB der nachlassgerichtlichen Genehmigung.

 

Rz. 101

Wohnungs- und Teileigentum kann allerdings nicht aufgegeben werden.[126] Gleiches gilt für einen bloßen Miteigentumsanteil am Grundstück.[127]

 

Rz. 102

Die Aufgabe ist auch dann zulässig, wenn sich der Eigentümer dadurch den öffentlichen Verpflichtungen oder der polizeilichen Zustandsverantwortlichkeit entziehen will. Nach Eigentumsaufgabe entfällt die künftige Verkehrssicherungspflicht genauso wie die öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen aus dem Grundstück.[128] Ist ein auf dem Grundstück vorhandenes Gebäude im Zeitpunkt der Eigentumsaufgabe bereits baufällig und die Gefahr eines Schadens hinreichend konkret, kommt zumindest nach § 836 Abs. 2 BGB eine Haftung des ehemaligen Eigentümers, wenn der Einsturz oder die Ablösung eines Gebäudeteils innerhalb eines Jahres nach Eigentumsaufgabe erfolgt. Ob eine polizei- und ordnungsrechtliche Zustandsverantwortlichkeit insbesondere bei Altlastengrundstücken entfällt, ist höchstrichterlich noch ungeklärt.[129]

 

Rz. 103

Nach Eigentumsaufgabe hat der örtliche Fiskus ein Aneignungsrecht, § 928 Abs. 2 BGB, auf das er allerdings verzichten kann.[130] Bei einem Verzicht wird das Grundstück herrenlos und jedermann hat das Recht, sich das Grundstück anzueignen.

[125] OLG Frankfurt v. 22.10.2009 – 20 W 175/09, FGPrax 2010, 27 = ZErb 2010, 87 für den Fall der Betreuung.
[126] BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, NZM 2007, 219 = FGPrax 2007, 60 = ZMR 2007, 382.
[127] BGH v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, NJW 2007, 2254 = MDR 2007, 1125 = Rpfleger 2007, 457; BGH v. 7.6.1991 – V ZR 175/90, BGHZ 115, 1 = DNotZ 1992, 359 = MittRhNotK 1991, 254; a.A. noch: OLG Düsseldorf v. 5.1.2007 – I-3 Wx 247/06, FGPrax 2007, 59 = RNotZ 2007, 102.
[128] Vgl. umfassend: DNotI-Report 2014, 163 ff.
[129] Vgl. Sanden, NVwZ 2014, 1329 ff.; NK-BGB/Grziwotz, § 928 Rn 22; OVG Weimar v. 4.8.2014 – 1 EO 760/13, BeckRS 2015, 53765.
[130] BGH v. 7.7.1989 – V ZR 76/88, BGHZ 108, 278 = NJW 1990, 251.

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