1. Allgemeines
Rz. 18
Auch bei einer Grundstücksschenkung gilt für die Entstehung der Steuer die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Die Schenkungsteuer entsteht mithin mit dem Zeitpunkt der Ausführung. Demnach wäre eigentlich auf den Eigentumserwerb, mithin die Eintragung des Beschenkten im Grundbuch, abzustellen. Um allerdings eine schenkungsteuerliche Ungleichbehandlung zu Schenkungen von beweglichen Gegenständen zu vermeiden – im Rahmen solcher Schenkungen sind die Parteien der zeitlichen Ungewissheit eines Katasterverfahrens nicht ausgeliefert –, gilt eine Grundstücksschenkung als ausgeführt, wenn die Vertragsparteien die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen abgegeben haben und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärungen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken. Der Zeitpunkt der Grundstücksschenkung richtet sich – sofern die Umschreibung im Grundbuch später ausgeführt wird – also danach, wann die Auflassung i.S.d. § 925 BGB sowie die Eintragungsbewilligung i.S.d. § 19 GBO vorliegen. Ein Eintragungsantrag beim Grundbuchamt ist unbeachtlich.
Rz. 19
Die Vollmacht, die Auflassung als dinglichen Vertrag später zu erklären, genügt nicht, da damit nach Auffassung der Finanzverwaltung der dingliche Rechtsübergang noch nicht unmittelbar eingeleitet ist. Sofern allerdings die Vertragspartner einen Dritten zur Abgabe und Entgegennahme der Auflassung und Eintragungsbewilligung bevollmächtigt haben, ist die Schenkung ausgeführt, wenn mit der Auflassung auch die Besitzverschaffung des Grundstücks erfolgt sowie Nutzungen und Lasten auf den Beschenkten übergehen.
2. Rückwirkender Wegfall der Steuer für eine Grundstücksschenkung vor Eintragung im Grundbuch
Rz. 20
In der Praxis kommt es bei Grundstücksschenkungen immer wieder zu Fällen, in denen die Beteiligten (kurz nach der Beurkundung, aber noch vor Umschreibung im Grundbuch) von einer unerwarteten Schenkungsbesteuerung Kenntnis erhalten. Sind dann keine Steuerklauseln (siehe § 1 Rdn 124 ff.>) vereinbart worden, besteht die Möglichkeit, die Schenkungsabrede aufzuheben. Die mit Beurkundung der Auflassung und Erteilung der Eintragungsbewilligung entstandene Steuer für eine Grundstücksschenkung entfällt dann rückwirkend.
3. Mittelbare Grundstücksschenkung
Rz. 21
Die Grundsätze zur Ausführung von Grundstücksschenkungen gelten auch bei mittelbaren Grundstücksschenkungen (siehe § 1 Rdn 18 ff.>).
4. Behördliche und privatrechtliche Genehmigungen
Rz. 22
Im Zivilrecht wirken bei einer Grundstücksschenkung notwendige behördliche und privatschriftliche Genehmigungen auf den Tag des Vertragsabschlusses zurück, § 184 BGB. Diese zivilrechtliche Rückwirkung einer Genehmigung ist für das Steuerrecht grundsätzlich unbeachtlich.
Rz. 23
Ist allerdings der Schenkungsvertrag und/oder die Auflassung von einer behördlichen Genehmigung abhängig, ist von deren Wirksamkeit auszugehen, wenn die Beteiligten alles getan haben, um die Genehmigung herbeizuführen, insbesondere die erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben. Für behördliche Genehmigungen erkennt die Finanzverwaltung die steuerliche Rückwirkung mithin an.
Ist der Schenkungsvertrag und/oder die Auflassung von einer privatrechtlichen Genehmigung abhängig, tritt die für eine Ausführung der Schenkung erforderliche Bindung aller Vertragsparteien zueinander jedoch erst im Zeitpunkt der Genehmigung ein, so dass dann auch (erst) der Tatbestand der Schenkung verwirklicht sein kann. Eine steuerliche Rückwirkung wird in diesen Fällen von der Finanzverwaltung nicht anerkannt.
5. Vorbehaltsrechte
Rz. 24
Ist bei einer Grundstückschenkung unter Lebenden der Vermögensübergang wirksam eingetreten, so entsteht die Steuer auch dann, wenn sich der Schenker durch Vorbehaltsrechte (z.B. Vorbehaltsnießbrauch oder Wohnrecht) an dem übertragenen Vermögensgegenstand eine Rechtsposition sichert, nach der er als wirtschaftlicher Eigentümer i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO anzusehen ist. Gleiches gilt z.B. für eine synallagmatische Wart- und Pflegeverpflichtung des Erwerbers.
Hinweis
Auch ein "freies Rückforderungsrecht" (wohl auch, wenn es kumulativ zu einem Vorbehaltsnießbrauch vereinbart wird), nach dem der Schenker jederzeit und grundlos die Rückforderung verlangen kann, steht der (unverzögerten) Entstehung der Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nicht entgegen. Gleiches gilt für den Fall, dass dem Schenkenden eine Verfügungsvollmacht des Zuwendungsempfängers erteilt wird, da die Besteuerung nicht voraussetzt, dass die vom Erwerber erlangte Rechtsposition von sicherem Bestand ist.