Rz. 420
BGH im Urt. v. 15.11.2000 (IV ZR 274/99):
Zitat
"Sieht sich die Klägerin zur Bezifferung ihres mit einer Stufenklage letztlich verfolgten Leistungsantrags auch ohne die ursprünglich als zweite Stufe angekündigte Wertermittlung in der Lage, kann sie unmittelbar auf den Leistungsantrag übergehen; für eine Rücknahme oder Erledigterklärung des noch nicht zur Verhandlung gestellten Wertermittlungsantrags ist dann kein Raum."
Rz. 421
Sachverhalt:
Die Klägerin macht Pflichtteilsansprüche gegenüber der Beklagten, ihrer Schwester, geltend. Die Mutter der Parteien hat die Beklagte als Alleinerbin eingesetzt. In der von der Klägerin erhobenen Stufenklage kündigte diese in der ersten Stufe Auskunftsanträge nach § 2314 BGB, in der zweiten Stufe einen Antrag auf Wertermittlung durch Sachverständigengutachten bzgl. eines Nachlassgrundstücks und in der dritten Stufe Anträge auf Zahlung an. In der ersten mündlichen Verhandlung anerkannte die Beklagte die Auskunftsanträge, es erging insofern Teilanerkenntnisurteil. Im Rahmen der daraufhin erteilten Auskünfte wurde auch ein Verkehrswertgutachten vorgelegt, das anderweitig eingeholt worden war. Nunmehr stellte die Klägerin einen bezifferten Zahlungsantrag.
Rz. 422
Probleme:
Von dem Erfordernis eines bestimmten Klageantrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO macht § 254 ZPO eine Ausnahme: Wenn es der Klägerin nicht möglich ist, einen bestimmten Antrag zu stellen, kann sie mit einer Stufenklage von der Beklagten zunächst Auskunft verlangen und in der nächsten Stufe ihren eigentlichen Leistungsantrag verfolgen. Auf Grund der erteilten Auskunft ist es ihr sodann möglich, den Leistungsgegenstand zu konkretisieren. Damit wird auch bezüglich des letzten Leistungsantrags die Verjährung gehemmt (§ 204 BGB), was die Auskunftsklage für sich allein nicht bewirken könnte.
Nach Erlass des Teilanerkenntnisurteils und der erteilten Auskunft würde normalerweise der Wertermittlungsantrag gestellt werden. Dieser hat sich jetzt aber erübrigt. Fraglich ist deshalb, wie über diesen Wertermittlungsantrag, der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde, zu entscheiden ist. In Betracht kämen eine Klagerücknahme mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO und eine übereinstimmende Erledigungserklärung nach § 91a ZPO. Grundsätzlich ist über die für spätere Stufen angekündigten Anträge getrennt und nacheinander zu verhandeln und zu entscheiden. Der von der Klägerin angekündigte Wertermittlungsantrag (§ 2314 Abs. 1 S. 2 BGB) dient dem Zweck, die nach § 253 Abs. 2 S. 2 ZPO erforderliche Bezifferung vorzubereiten. Dieser Antrag muss aber nicht notwendigerweise gestellt werden. Vielmehr war die Klägerin in der Lage, direkt den Zahlungsantrag zu stellen. Ein solches Vorgehen stellt keine Klageänderung dar, sondern ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.
Dementsprechend war für eine (teilweise) Klagerücknahme oder eine Erledigungserklärung kein Raum. Auch eine Entscheidung über den Wertermittlungsantrag kam damit nicht mehr in Betracht (siehe hierzu § 17 Rdn 225 ff.).