Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 19
→ Dazu Aufgaben Gruppe 17
Im Abschnitt 8 des Gesetzesteils des RVG sind alle Vorschriften zusammengefasst worden, die die aus der Staatskasse an beigeordnete oder gerichtlich bestellte RAe zu zahlende Vergütung regeln. Dies betrifft die Gebühren der im Zivilprozess im Rahmen der PKH beigeordneten RAe, die Gebühren der Pflichtverteidiger in Straf- und Bußgeldsachen (§§ 51 bis 53 RVG) und die Vergütung im Falle der Beratungshilfe (§ 44 RVG). In diesem Buch werden die Vorschriften jeweils in ihrem thematischen Zusammenhang behandelt; an dieser Stelle werden also nachfolgend die Gebühren vorgestellt, die den im Rahmen der PKH beigeordneten RA betreffen.
Die Vorschriften des Abschnitts 8 des RVG gelten grundsätzlich in allen Fällen, in denen durch ein Gesetz die Beiordnung eines RA im Wege der PKH vorgesehen ist, also auch z. B. im arbeitsgerichtlichen Verfahren, im Insolvenzverfahren, im Finanzgerichtsverfahren usw.
Im Abschnitt 8 des Gesetzesteils des RVG sind folgende wesentliche Vorschriften über die Vergütung des im Rahmen der PKH beigeordneten RA enthalten:
§ 45 RVG |
begründet einen Vergütungsanspruch des beigeordneten RA gegen die Staatskasse. |
§ 46 RVG |
regelt den Anspruch auf Auslagenersatz, insbesondere von Reisekosten. |
§ 47 RVG |
gibt dem RA einen Anspruch auf Vorschuss gegen die Staatskasse. |
§ 48 RVG |
regelt den Umfang der Beiordnung. |
§ 49 RVG |
legt die Höhe der Gebühren des beigeordneten RA in einer besonderen Tabelle fest, soweit sie niedriger als die Gebühren des Wahlanwalts sind. |
§ 50 RVG |
regelt die so genannte weitere Vergütung, die unter bestimmten Voraussetzungen aus der Staatskasse gezahlt wird. |
§ 54 RVG |
regelt die Folgen eines vom beigeordneten RA verschuldeten Anwaltswechsels. |
§ 55 RVG |
regelt das Verfahren zur Festsetzung der Vergütung. |
§ 56 RVG |
regelt die Erinnerung und die Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung. |
§ 58 RVG |
regelt die Anrechnung von Zahlungen, die der beigeordnete RA vom Auftraggeber oder von Dritten erhalten hat (Abs. 2). |
§ 59 RVG |
regelt den Übergang von Ansprüchen des beigeordneten RA auf die Staatskasse. |
§ 59a RVG |
Einem Zeugen kann unter bestimmten Umständen ein RA als Beistand beigeordnet werden. |
Diese Paragrafen sollen nun im Einzelnen betrachtet werden.
Rz. 20
Zu § 45 RVG: Der im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordnete RA (§ 121 ZPO) erhält Gebühren nach Maßgabe der §§ 45 ff. RVG vor Gerichten des Landes aus der Landeskasse und vor Gerichten des Bundes aus der Bundeskasse. Der Vergütungsanspruch richtet sich unmittelbar gegen die Staatskasse, die alleinige Schuldnerin der Vergütung ist. Gegen den Auftraggeber darf der beigeordnete RA einen Anspruch auf Vergütung nicht geltend machen (§ 122 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO). Zwar erhält der beigeordnete RA aus der Staatskasse eine verminderte Vergütung, dafür ist diese aber auch eine sehr sichere Schuldnerin.
§ 45 RVG sollte bei der Erstellung der Vergütungsrechnung bei den berechneten Gebühren mit angegeben werden.
Rz. 21
Zu § 46 RVG: Erstattungsfähig sind grundsätzlich alle Auslagen gemäß Nrn. 7000 ff. VV RVG. Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden jedoch nur erstattet, wenn sie tatsächlich notwendig waren. Das Gericht kann vor Antritt der Reise befragt werden, ob es diese für erforderlich hält (§ 46 Abs. 2 RVG). Die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG kann ohne Problem angesetzt werden.
Rz. 22
Zu § 47 RVG: Der RA kann immer einen Vorschuss auf seine Vergütung verlangen, im Falle der Beiordnung richtet sich der Anspruch jedoch gegen die Staatskasse. Vergleiche § 9 RVG.
Rz. 23
Zu § 48 RVG: Diese Vorschrift regelt Umfang und Beschränkung der Beiordnung in Hinsicht auf den Vergütungsanspruch des RA gegenüber der Staatskasse. Der zeitliche und sachliche Umfang der Beiordnung ergibt sich grundsätzlich aus dem Beiordnungsbeschluss. Aus ihm geht hervor, welche Tätigkeiten des RA durch die Beiordnung abgedeckt sind und für welche Tätigkeiten ein besonderer Beiordnungsbeschluss notwendig ist.
Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass die Bewilligung der PKH und die Beiordnung für jeden Rechtszug besonders erfolgen müssen (§ 119 ZPO). Der für einen Prozess vor dem Amtsgericht beigeordnete RA ist also nicht ohne erneute Beiordnung dazu befugt, beim Landgericht Berufung einzulegen. Ebenso wenig kann er im Rahmen der Beiordnung für die erste Instanz beim Landgericht einen Antrag auf Bewilligung von PKH für die zweite Instanz stellen.
Wenn Angelegenheiten mit dem Hauptprozess nur zusammenhängen wie z. B. die Zwangsvollstreckung nach einem gewonnenen Prozess oder das selbstständige Beweisverfahren, dann erhält der RA hierfür nur aufgrund ausdrücklicher Beiordnung eine Vergütung aus der Staatskasse (siehe § 48 Abs. 5 RVG).
Für eine Klageerweiterung oder die Verteidigung gegen eine solche muss die PKH besonders beantragt und bewilligt und auch die Beiordnung besonders beantragt und angeordnet werden, wenn durch die Erhöhung des eingeklagten Betrages höhere Gerichts- und/oder Anwaltsgebühren entstehen.
Tätigkeiten des RA vor der Beiordnung ...