Rz. 8
Eine (An-)Mahnung von Hausgeldrückständen ist nicht zwingend erforderlich, und zwar weder zur Begründung eines Zahlungsverzugs (→ § 9 Rdn 6) noch als Voraussetzung einer Zahlungsklage. Aber es ist üblich und sinnvoll, dass der Verwalter offene Forderungen der Gemeinschaft ein bis zwei Mal anmahnt. Die erste Mahnung sollte in dem Monat erfolgen, in dem eine Zahlung erstmals ausbleibt, die zweite im Folgemonat unter Setzung einer Zahlungsfrist. Spätestens nach ca. drei Monaten Zahlungsverzug sollte der Verwalter rechtliche Schritte einleiten – d.h. konkret eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragen –, sonst droht ihm womöglich die eigene Haftung (→ § 10 Rdn 332). Ob die Rechtsanwaltskanzlei ihrerseits die Außenstände nochmals außergerichtlich anmahnt oder gleich zur Titulierung schreitet, ist "Stilfrage". Kostengünstiger (für die Gemeinschaft, aber auch für den letztlich zahlungspflichtigen Schuldner) ist die sofortige Titulierung.
Rz. 9
Der Verwalter muss die beanspruchten Zahlungsrückstände aufschlüsseln, sonst kann eine Zahlungsklage nicht schlüssig begründet werden. Außerdem soll der erstrebte Titel die Durchführung der Immobiliarvollstreckung ermöglichen, weshalb die privilegierten Hausgeldforderungen separat und unter Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr ausgewiesen sein müssen (→ § 9 Rdn 22). Es genügt deshalb meistens nicht, der beauftragten Rechtsanwaltskanzlei lediglich einen Ausdruck des für den säumigen Wohnungseigentümer geführten "Personenkontos" vorzulegen und die Beitreibung des offenen Saldos zu erwarten. Eine ideale Mandatierung entspricht dem folgenden
Rz. 10
Muster 9.1: Auftragsschreiben Hausgeldinkasso an Rechtsanwaltskanzlei
Muster 9.1: Auftragsschreiben Hausgeldinkasso an Rechtsanwaltskanzlei
WEG Heinestraße 12, 75234 Musterstadt
Wohnung Nr. 3 (gemäß Aufteilungsplan und Teilungserklärung)
Eigentümer: Anna Acker und Achim Acker, Heinestraße 12, 75234 Musterstadt,
Sehr geehrte Damen und Herren Rechtsanwälte/Innen,
hiermit beauftragen wir Sie mit der gerichtlichen Beitreibung folgender Forderungen gegen die o.g. Wohnungseigentümer:
Nachschuss gemäß Jahresabrechnung 2021: |
347,00 EUR |
Vorschüsse Januar – Juni 2022 (auf der Basis des Wirtschaftsplans für 2021, 6 Monate á 210,00 EUR): |
1.260,00 EUR |
Vorschüsse Juli – November 2022 (auf der Basis des Wirtschaftsplans für 2022, 5 Monate á 220,00 EUR): |
1.100,00 EUR |
Bank-Rücklastschriftgebühren Januar, Februar und März 2022 (je EUR 3,00) |
9,00 EUR |
Verwalter-Mahngebühren 2022 (3 * 12,38 EUR) |
37,14 EUR |
Abzüglich Zahlungen der Wohnungseigentümer: 17.2.2022: |
500,00 EUR |
15.4.2022: |
500,00 EUR |
15.10.2022: |
500,00 EUR |
Offener Saldo: |
1.253,14 EUR |
Mit freundlichen Grüßen
X-Immobilien GmbH – Sachbearbeiter
Anlagen:
Rz. 11
Der eventuell folgenden Hausgeldklage müssen zunächst keine Belege/Anlagen zum Nachweis der Ansprüche beigefügt werden. Meistens wird der Sachvortrag unstreitig bleiben, sodass auch keine Beweismittel nachgereicht werden müssen. Weshalb sollte ein in Anspruch genommener Schuldner auch bspw. seine Eigentümerstellung oder die Fassung der anspruchsbegründenden Beschlüsse bestreiten? Die nachfolgend aufgeführten Unterlagen sollten dem mit dem Hausgeldinkasso mandatierten Rechtsanwalt aber zumindest zur Prüfung vorliegen.
Übersicht: Unterlagen, die vor Einleitung gerichtlicher Schritte vorliegen sollten
▪ |
Unbeglaubigter Grundbuchauszug betreffend die Schuldnerwohnung (zur Einholung (→ § 9 Rdn 64). Grund: Oft sind nicht nur die vom Verwalter geführten Eigentümerlisten unvollständig oder falsch, sondern auch noch Bezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nur durch Grundbucheinsicht kann sichergestellt werden, dass die Klägerin richtig bezeichnet und der richtige Beklagte in Anspruch genommen wird. |
▪ |
(Einzel-)Jahresabrechnung und/oder (Einzel-)Wirtschaftsplan, auf welche die Ansprüche gestützt werden. |
▪ |
Protokoll der Eigentümerversammlung, in welcher die anspruchsbegründenden Beschlüsse über Vorschüsse bzw. Nachschüsse/Anpassung der Vorschüsse gefasst wurden. |
▪ |
Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung. Hier finden sich manchmal Regelungen zur Fälligkeit und zu Verzugszinsen. |
▪ |
Mahnschreiben der Verwaltung. |
▪ |
Eventuell: Verwaltervertrag. Er wird nur benötigt, wenn darin eine Sondervergütung für die Mitwirkung des Verwalters im gerichtlichen Verfahren vorgesehen ist, die tituliert werden soll. |
▪ |
Nicht: Eigentümerliste; Verwaltervollmacht. Grund: Die Eigentümer sind am Prozess nicht beteiligt. Eine "Verwaltervollmacht" erübrigt sich, weil die Vertretungsmacht des Verwalters kraft Gesetzes besteht. |
Rz. 12
Gläubigerin und mithin Partei eines gerichtlichen Verfahrens ist die Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht etwa die Miteigentümer und schon gar nicht der Verwalter. Der Verwalter ist Organ der Gemeinschaft und vertritt diese gem. § 9b Abs. 1 WEG kraft Gesetzes; eine Prozessstandschaft ist überflüssig und unzulässig. Auch im Innenverhältnis ist der Verwalter grundsätzlich zu gerichtlichen Beitreibungsmaßnahmen verpflichtet, unabhängig davon, ob der Verw...