BGH: Beschluss über "den Wirtschaftsplan" ist gültig

Beschließen die Wohnungseigentümer "den Wirtschaftsplan", ist dies so auszulegen, dass sie damit nur die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Vorschüsse festlegen wollen – so wie es § 28 Abs. 1 WEG seit der WEG-Reform vorsieht.

Hintergrund: Eigentümer beschließen "den Wirtschaftsplan"

In einer Wohnungseigentümerversammlung im Juni 2022 fassten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluss:

"Der vorgelegte Wirtschaftsplan 2022 wird genehmigt. Es gelten die ausgedruckten neuen Wohnlasten und zwar rückwirkend ab dem 1.1.2022. Der Wirtschaftsplan gilt bis zur Beschlussfassung eines neuen Wirtschaftsplanes fort." 

Eine Wohnungseigentümerin hat gegen den Beschluss Anfechtungsklage erhoben. Sie möchte hauptsächlich erreichen, dass der Beschluss für ungültig erklärt wird. Hilfsweise beantragt sie, die Teilnichtigkeit des Beschlusses festzustellen. Sie meint, der Beschluss verstoße gegen § 28 Abs. 1 WEG. Dieser sieht seit der WEG-Reform 2020 vor, dass die Wohnungseigentümer (nur) über die Vorschüsse zur Kostentragung und die Zuführungen zur Rücklage beschließen, im Gegensatz zur vor der Reform geltenden Regelung, die eine Beschlussfassung über "den Wirtschaftsplan" vorsah.

Entscheidung: Beschluss ist einschränkend auszulegen

Dass die Wohnungseigentümer den "vorgelegten Wirtschaftsplan" genehmigt haben, führt weder zur Nichtigkeit noch zu Teilnichtigkeit des Beschlusses. Ein liegt kein Verstoß gegen § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG vor.

Ein nach der WEG-Reform gefasster Beschluss, durch den "der Wirtschaftsplan genehmigt wird", ist nächstliegend dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollen.

Seit der WEG-Reform haben die Wohnungseigentümer nicht mehr über den Wirtschaftsplan als Ganzes einschließlich des zugrundeliegenden Rechenwerks, sondern nur noch über die Vorschüsse zu beschließen. Im Zweifel wollen die Eigentümer keinen rechtswidrigen Beschluss fassen. Dies spricht nächstliegend dafür, dass die Wohnungseigentümer nach Inkrafttreten des § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG entsprechend dieser Vorschrift nur über die Höhe der Vorschüsse beschließen möchten, auch wenn nach dem Wortlaut (zugleich) der Wirtschaftsplan genehmigt werden soll.

Gegenauffassung sieht keine Beschlusskompetenz mehr

Damit erteilt der BGH einer in der Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Auffassung eine Absage, ein Beschluss über "den Wirtschaftsplan" oder "die Jahresabrechnung" könne nicht so verstanden werden, dass nur die Vorschüsse beziehungsweise die Nachzahlungen/Abrechnungsspitze Gegenstand der Beschlussfassung sein sollen. Solche Beschlüsse seien der Auslegung nicht zugänglich, sondern mangels Beschlusskompetenz nichtig – eine Meinung, die der BGH nicht teilt.

(BGH, Beschluss v. 25.10.2023, V ZB 9/23)


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§ 28 WEG Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Vermögensbericht

(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.

(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.

(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.

(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.


Schlagworte zum Thema:  Wirtschaftsplan, Wohnungseigentumsrecht