Rz. 444
Neben der Erledigungsklausel kommt der salvatorischen Klausel erhebliche Bedeutung zu. Sie soll Vorsorge für den Fall treffen, dass sich später einzelne Klauseln als unwirksam erweisen bzw. vom Gericht kassiert werden. Es geht um das Problem des § 139 BGB, mithin um die Frage, ob im Falle, dass eine Klausel nichtig ist, davon auszugehen hat, dass der gesamte Vertrag nichtig sein soll, oder nicht. Der dann entstehenden Unklarheit und Unsicherheit soll die salvatorische Klausel vorbeugen. Sie hat insofern die Bedeutung einer Beweislastregelung.
Rz. 445
Allerdings darf man es sich so einfach nun auch wieder nicht vorstellen, denn die salvatorische Klausel ist selbst Teil des Vertrags, und bei der Inhalts- und Ausübungskontrolle wird ja der gesamte Vertrag, also incl. der salvatorischen Klausel, geprüft:
Zitat
"Die weit verbreitete, in der Regel standardmäßig verwendete salvatorische Klausel, nach der ein nichtiges Rechtsgeschäft auch ohne die nichtige Klausel wirksam sein soll, entbindet nicht von der nach § 139 BGB vorzunehmenden Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten oder aber den Rest hätten gelten lassen. Bedeutsam ist sie lediglich für die von § 139 BGB abweichende Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast; diese trifft denjenigen, der entgegen der Erhaltensklausel den Vertrag als Ganzen für unwirksam hält (Aufgabe von BGH, Urt. v. 8.2.1994 – KZR 2/93, WuW/E 2909, 2913)."
Rz. 446
Andererseits muss die salvatorische Klausel in einem Ehevertrag nicht von vornherein unbeachtlich sein. Ergibt sich das Verdikt der Sittenwidrigkeit aus der Gesamtwürdigung eines einseitig belastenden Ehevertrages, erfasst die Nichtigkeitsfolge notwendig den gesamten Vertrag, ohne dass eine Erhaltungsklausel hieran etwas zu ändern vermag. Lassen sich aber ungleiche Verhandlungspositionen nicht feststellen, ist aus Rechtsgründen nichts dagegen zu einzuwenden, dass der Tatrichter seine Beurteilung, ein teilweise nichtiger Ehevertrag wäre auch ohne seine unwirksamen Bestimmungen geschlossen worden, durch das Vorhandensein einer salvatorischen Klausel gestützt sieht.
Rz. 447
Beispiel aus der Rechtsprechung
Erweist sich die in einem Ehevertrag neben dem Ausschluss von nachehelichem Unterhalt enthaltene Klausel über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen sittenwidriger Schädigung als nichtig, so führt schon diese Teilnichtigkeit jedenfalls dann zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages, wenn er keine salvatorische Klausel enthält und sich auch die weiteren Regelungen in einer Gesamtschau als evident einseitig nachteilig für einen der Ehegatten darstellen.
Die Vereinbarung von Gütertrennung ist i.d.R. nicht sittenwidrig, weil der Zugewinnausgleich nicht zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehört. Gleichwohl kann – auch bei Vorliegen einer salvatorischen Klausel – die Unwirksamkeit anderer Regelungen im Ehevertrag auch die Gütertrennung erfassen, wenn bei einer Gesamtschau nicht nur ein unausgewogenes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Vor- und Nachteilen vorliegt, sondern auch eine ungleiche Verhandlungsposition, wie u.a. bei einer Schwangerschaft oder einem Ungleichgewicht der geschäftlichen Erfahrenheit.
Auch wenn einem Ehevertrag wegen eines Globalverzichts im Hinblick auf sein gesamtes Gepräge wegen Sittenwidrigkeit die Anerkennung zu versagen ist, vermögen salvatorische Klauseln (Erhaltungsklauseln) Teilregelungen eingeschränkt Geltung zu verschaffen.
Die salvatorische Klausel wird unter dem Gesichtspunkt des § 139 BGB geprüft. Lassen sich ungleiche Verhandlungspositionen nicht feststellen, kann dies dazu führen, dass das Gericht davon ausgeht, der Restvertrag wäre auch ohne die nichtige Klausel geschlossen worden(Geltungserhaltung). Hängen die einzelnen Regelungen des Vertrages jedoch voneinander ab, sind sie insoweit als einheitliches Vertragswerk anzusehen.
Achtung!
Auch bei der salvatorischen Klausel zeigt sich das Erfordernis detaillierten und unter Beweis gestellten Tatsachenvortrags.
Rz. 448
Auch wenn ihre Bedeutung häufig überschätzt wird, ist eine salvatorische Klausel mithin dringend zu empfehlen, um, falls gewollt, eine geltungserhaltende Reduktion zu bewirken. Je detaillierter sie ist, umso gefährlicher ist sie auch im Falle, dass etwas vergessen wird, das im Falle einer Teilunwirksamkeit Bestand haben soll oder eben gerade nicht. Es ist also auf eine besonders sorgfältige Beratung und Formulierung zu achten. Pauschale salvatorische Klauseln führen zu vermeidbaren Unsicherheiten und bewirken im besten Falle nichts.
Rz. 449
Muster 9.67: Salvatorische Klausel (Kurzform)
Muster 9.67: Salvatorische Klausel (Kurzform)
Die Erschienenen erklären, dass die Regelung zum Ehegattenunterhalt (§ _________________________) und die Regelung zur Vermögensauseinandersetzung (§ _________________________) als Gesamtregelung gewollt sind. Sollte sich eine von beiden als unwirksam erweisen, soll auch die andere nicht gelten. In diesem Fall sollen...