Rz. 24
Die bisherige Regelung über das Schmerzensgeld in § 847 BGB ist entfallen. Die systematische Einordnung des Schmerzensgeldes in den allgemeinen Teil des BGB bewirkt, dass Schmerzensgeld verschuldensunabhängig zu zahlen ist, also auch im Rahmen der Gefährdungshaftung.
Hinweis
Grobe Fahrlässigkeit des Unfallverursachers wirkt sich erhöhend auf das Schmerzensgeld aus.
Rz. 25
Bei Verkehrsunfällen steht die Ausgleichsfunktion im Vordergrund, die Genugtuungsfunktion tritt hinter dieser Ausgleichsfunktion zurück.
Rz. 26
Das Schmerzensgeld ist nicht niedriger zu bemessen, wenn der Schädiger lediglich aus Betriebsgefahr haftet.
Grobe Fahrlässigkeit des Unfallverursachers wirkt sich erhöhend auf das Schmerzensgeld aus.
Die Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes erfasst diejenigen Schadenfolgen, die entweder bereits eingetreten sind oder objektiv erkennbar waren.
I. Bemessungsgrundlage
Rz. 27
Bemessungsgrundlage sind das Ausmaß und die Schwere der Verletzungen, die Dauer der Behandlung und das Maß der Lebensbeeinträchtigung.
Rz. 28
Das Hinauszögern der Schadenregulierung und die Belastung mit einem langwierigen Rechtsstreit können zu einem höheren Schmerzensgeldanspruch führen.
Rz. 29
In der Praxis werden die Schmerzensgeldbeträge in der Regel nach der sog. Hacks-Tabelle (Hacks/Wellner/Häcker, SchmerzensgeldBeträge) ermittelt, welche nunmehr in der 37. Auflage (2019) beim Deutschen Anwaltverlag erschienen ist und über 3.000 Entscheidungen für die Bemessung von Schmerzensgeld abdruckt.
Rz. 30
Regelmäßig wird Schmerzensgeld in einer einmaligen Zahlung (Kapital) geleistet. Rentenzahlungen kommen nur ausnahmsweise in Betracht, wenn dauernde ärztliche Behandlungen zu erwarten sind oder die unfallbedingten Beeinträchtigungen im täglichen Leben stets als neu und belastend empfunden werden.
Schmerzensgeld ist einheitlich und nicht tagesgenau zu berechnen.
Das gezahlte Schmerzensgeld erfasst alle Schadenfolgen, die erkennbar waren oder deren Eintritt vorhersehbar war.
II. Übertragbarkeit
Rz. 31
Der Schmerzensgeldanspruch ist vererblich und übertragbar.
Wenn ein Verletzter einen Unfall nur kurzfristig überlebt, können die Erben den Schmerzensgeldanspruch auch dann durchsetzen, wenn der Verletzte diesen Anspruch nicht mehr artikulieren konnte.
III. Beweislast
Rz. 32
Die häufigste – oft nicht objektiv feststellbare – Unfallverletzung ist das HWS-Schleudertrauma.
Der Verletzte muss den Vollbeweis für die erlittene Verletzung und die Ursächlichkeit mit dem Unfallgeschehen führen. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung erfordert keine absolute Gewissheit, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet.
Rz. 33
Bei einem leichten Auffahrunfall gibt es keine Beweiserleichterungen, der Geschädigte muss vielmehr den Vollbeweis (§ 286 ZPO) führen.
Rz. 34
Die Regeln des Anscheinsbeweises für das Vorliegen einer unfallbedingten Verletzung der HWS kommen nur dann zur Anwendung, wenn eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von über 15 km/h bewiesen ist.
Rz. 35
Erleidet ein Unfallbeteiligter mit degenerativ vorgeschädigter Halswirbelsäule einen Unfall, sind die daraufhin eintretenden Beschwerden nicht unfallbedingt, wenn sie ohne den Unfall alsbald durch ein beliebiges Alltagsereignis ausgelöst worden wären.
Rz. 36
Arztkosten werden nicht erstattet, wenn eine unfallbedingte Verletzung nicht bewiesen ist.
IV. Arbeitsunfälle
Rz. 37
Bei Verkehrsunfällen unter Arbeitskollegen auf dem Firmenparkplatz oder Mitschülern auf dem Schulparkplatz bzw. Studenten auf dem Universitätsparkplatz kann Schmerzensgeld gem. § 105 SGB VII (früher §§ 636, 637 RVO) nur bei Vorsatz geltend gemacht werden;...