Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
a) GbR als schuldrechtlicher Vertragstyp
Rz. 3
Der historische Gesetzgeber hat die GbR als schuldrechtlichen Vertragstyp konzipiert, bei dem das Gesellschaftsvermögen nicht der Gesellschaft selbst, sondern den Gesellschaftern zur gesamten Hand zugeordnet ist. Folgerichtig war das Bestehen eines Gesellschaftsvertrages unabdingbare Voraussetzung für das Bestehen einer BGB-Gesellschaft. An der Voraussetzung eines Gesellschaftsvertrags hält auch das MoPeG fest, wenngleich es den Leitbildwandel "vom vertraglichen Schuldverhältnis zum Rechtssubjekt" ebenso wie "vom Sondervermögen der Gesellschafter zum Vermögen der Gesellschaft" vollzieht (s. dazu Rdn 141 ff. sowie Rdn 155 ff.). Aus dem Vertrag erwachsen die Rechte und Pflichten der Gesellschafter im Innenverhältnis. Anders als praktisch alle anderen Vertragstypen des besonderen Schuldrechts des BGB ist der Vertrag der Gesellschaft dadurch gekennzeichnet, dass es nicht um den Austausch von Leistungen, sondern um die Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks geht (vgl. § 705 Abs. 1 BGB n.F. bzw. § 705 BGB a.F.). Unterhalb der Ebene dieses alles überwölbenden gemeinsamen Zwecks bestehen allerdings auch im vertraglichen Verhältnis der BGB-Gesellschaft gegenläufige Interessen und folgerichtig wechselseitige Ansprüche der Gesellschafter etwa auf Leistung von Beiträgen, Beteiligung am Ergebnis oder Verteilung des Vermögens im Liquidationsfall. Aufgrund dieser Besonderheiten sowie der Tatsache, dass die Gesellschaft auch aus mehr als nur zwei Personen bestehen kann, sind die Bestimmungen des allgemeinen Schuldrechts zu den gegenseitigen Verträgen (§§ 320 ff. BGB) auf die BGB-Gesellschaft grds. nicht anwendbar. Ein Gesellschaftsverhältnis ist kein synallagmatischer Vertrag. Obwohl es sich bei der BGB-Gesellschaft nicht um ein Vertragsverhältnis entgeltlicher oder unentgeltlicher Art handelt, da es nicht bzw. nicht primär auf den Austausch von Leistungen gerichtet ist, ist es gleichwohl nicht ausschließlich rechtlich vorteilhaft, sodass bspw. die Schutzvorschriften für Minderjährige in vollem Umfang eingreifen.
b) GbR als Gegenstand des Gesellschaftsrechts
Rz. 4
Die GbR war und ist der Grundtypus der Personengesellschaft. Dies wird schon daran deutlich, dass in all den Fällen, in denen die besonderen Qualifikationserfordernisse eines anderen Personengesellschaftstyps – bspw. der Betrieb eines Handelsgewerbes bei OHG und KG oder die Eintragung im Partnerschaftsgesellschaftsregister für die Partnerschaftsgesellschaft – nicht gegeben sind, eine GbR vorliegt; ferner daran, dass der Gesetzgeber bei der Regelung der anderen Gesellschaftsformen des Personengesellschaftsrechts in weitem Umfang auf das Recht der GbR verweist, so bspw. in § 105 Abs. 3 HGB a.F. und § 1 Abs. 4 PartGG. Diese Verweisungstechnik innerhalb des Rechts der Personengesellschaften bleibt in ihrer Systematik durch das MoPeG unangetastet (s. § 105 Abs. 3 HGB n.F. und § 1 Abs. 4 PartGG n.F.).
c) Unterscheidungsmerkmale der einzelnen GbR-Gesellschaftstypen
Rz. 5
Um die Vielzahl der möglichen Formen der GbR einzuordnen, ließen sich in der Vergangenheit zumindest drei wesentliche Unterscheidungsmerkmale finden, die im Übrigen durch das MoPeG ihre Bestätigung gefunden haben:
▪ |
die Dauer der Gesellschaft, |
▪ |
das Vorhandensein von gesamthänderisch gebundenem Vermögen bzw. nach dem MoPeG das Vorhandensein von Gesellschaftsvermögen (§ 713 BGB n.F.) und |
▪ |
die Bedeutung der Person der Gesellschafter. |
Rz. 6
Zwar gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Unterscheidungskriterien, wie bspw. die dem Vereinsrecht entlehnte Abgrenzung zwischen Idealgesellschaften und wirtschaftlichen Gesellschaften oder schlicht zivilistischen und unternehmenstragenden Gesellschaften. Diese haben jedoch für die Beurteilung der Rechtsverhältnisse der Gesellschaft zu Dritten, aber auch für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander keine so große Unterscheidungskraft wie die drei erstgenannten Kriterien.
Rz. 7
Das prägendste dieser Kriterien ist sicherlich das Vorhandensein von gesamthänderisch gebundenem Vermögen bzw. nach dem Leitbildwandel durch das MoPeG das Vorhandensein von Gesellschaftsvermögen (§ 713 BGB n.F.), d.h. die Existenz einer am Rechtsverkehr teilnehmenden und nach außen hin auftretenden Gesellschaft, der sog. Außengesellschaft. Dieses Unterscheidungskriterium war für den Gesetzgeber des MoPeG von so zentraler Bedeutung, dass er es in § 705 Abs. 2 BGB n.F. ausdrücklich gesetzlich definiert hat und auch die weiteren Vorschriften der §§ 705 ff. BGB n.F. sich an dieser Unterscheidung orientieren: Die §§ 706–739 BGB n.F. (Untertitel 2) befassen sich mit der rechtsfähigen (Außen-)Gesellschaft, während die §§ 740–740c BGB n.F. (Untertitel) Spezialregelungen für die nicht rechtsfähige (Innen-)Gesellschaft enthalten, bei ...