Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 861
Ein ausscheidender Komplementär ebenso wie ein ausscheidender Kommanditist (bzw. deren Erben) haben nach dem Gesetz einen Anspruch auf Abfindung, die nach den Vorschriften der §§ 161 Abs. 2, 135 HGB, zu berechnen ist. Gegenüber dem vormaligen § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Abfindung an einem fiktiven Liquidationserlös entspricht, ist nunmehr eine "dem Wert des Anteils angemessene Abfindung" zu zahlen. Diese Formulierung findet sich nunmehr ebenso in § 728 BGB für die GbR.
Rz. 862
Besondere Regelungen über die Rückgabe von Gegenständen, die der ausscheidende Gesellschafter der Gesellschaft nur Nutzung überlassen hat (vormals §§ 738 Abs. 1 Satz 2, 732 BGB) sieht das neue Recht nicht mehr vor; diese Frage ist vielmehr im Rahmen des jeweiligen Rechtsverhältnisses (z.B. Mietvertrag, Leihvertrag, Lizenzvereinbarung) zu regeln. Der Abfindungsanspruch richtet sich als gesetzlicher, aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringender Anspruch gegen die Gesellschaft,, was § 135 HGB nunmehr auch im Wortlaut klarstellt. Nach §§ 161 Abs. 2, 126 ff., 171 ff. HGB haften auch die übrigen Gesellschafter gesamtschuldnerisch für den Anspruch.
Rz. 863
Zur Ermittlung des Abfindungsguthabens des ausgeschiedenen Gesellschafters ist zunächst das gesamte Unternehmen zu bewerten. Der ermittelte Wert, d.h. der (fiktive) Auseinandersetzungsgewinn, ist im Anschluss nach dem Gewinnverteilungsschlüssel für das Ergebnis auf die jeweiligen Gesellschafterkonten zu verteilen. Die Bewertung erfolgt also nicht auf der Grundlage des Anteilswerts des ausgeschiedenen Gesellschafters, d.h. losgelöst von der Ermittlung des Wertes der Gesellschaft bzw. des von ihr betriebenen Unternehmens. Dies liegt besonders daran, dass mangels Handelbarkeit der Anteile von Personengesellschaften die Feststellung eines solchen isolierten Wertes meist kaum möglich ist. Die Bewertung erfolgt nach dem vollen wirtschaftlichen Wert des lebenden Unternehmens (Verkehrswert) einschließlich der stillen Reserven und des Firmenwertes (Goodwill). Dabei handelt es sich im Allgemeinen um den Wert, der sich bei einem Verkauf des lebensfähigen Unternehmens als Einheit ergeben würde. An diesen Grundsätzen hat sich durch die Neufassung des Gesetzeswortlautes nichts geändert.
Wie, d.h. nach welcher Methode dieser Wert zu ermitteln ist, ist gesetzlich nicht näher geregelt. Die Methode ist vielmehr sachverhaltsspezifisch auszuwählen. Dabei ist regelmäßig nicht auf den Substanzwert, sondern auf den Ertragswert (Prognose der künftigen Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben unter Abzinsung) abzustellen. Da im Fall der Fortführung des Unternehmens die am Ertragswert orientierten Methoden vorherrschend sind, konnte der Gesetzgeber die vormaligen Sonderregelungen zum Ansatz schwebender Geschäfte (ehem. § 740 BGB) streichen.. Der Ertragswert ist regelmäßig anhand konkreter Unterlagen zu schätzen, wie von §§ 161 Abs. 2, 135 Abs. 3 HGB vorgesehen. Die Schätzung erfolgt i.d.R. aufgrund eines Sachverständigengutachtens.
Die Ermittlung erfolgt hierbei durch Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz. Bei der Aufstellung der Bilanz und der Abrechnung ist der ausgeschiedene Gesellschafter mitwirkungsberechtigt.