Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 25
Das im 19. Jahrhundert kodifizierte Recht der GbR wurde der Rechtswirklichkeit seit geraumer Zeit nicht mehr gerecht. Unter den Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens entfernte sich das gelebte Recht immer weiter vom geschriebenen Recht. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung war die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR im Wege der höchstrichterlichen Rechtsfortbildung durch den BGH mit Urt. v. 29.1.2001 in der Rs. "ARGE Weißes Roß". Der durch diese Grundsatzentscheidung eingeleitete Systemwechsel warf jedoch Anschlussfragen auf, die in der Folgezeit keiner kohärenten Lösung zugeführt werden konnten. Die beschriebenen Probleme im Zusammenhang mit der Grundbuchfähigkeit der GbR (s. unter Rdn 15 f.) standen hierfür lediglich exemplarisch. Die Rufe nach einer grundlegenden Reform des Personengesellschaftsrechts und insb. des Rechts der GbR wurden lauter. Eine umfassende Erörterung des Reformbedarfs durch den 71. Deutschen Juristentag 2016 in Essen gab der Debatte weiteren Auftrieb. Schließlich vereinbarten CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag v. 12.3.2018, das Personengesellschaftsrecht reformieren und an die Anforderungen des modernen, vielfältigen Wirtschaftslebens anpassen zu wollen. Die dazu einberufene Expertenkommission aus Vertretern der Wissenschaft und Praxis erarbeitete unter der Leitung des BMJV einen ausformulierten Gesetzesentwurf, der am 20.4.2020 unter der Bezeichnung "Mauracher Entwurf" veröffentlicht wurde. Dieser bildete die Grundlage für den am 19.11.2020 vom BMJV vorgelegten RefE der am 20.1.2021 vom Bundeskabinett als Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG-RegE) beschlossen wurde. Der MoPeG-RegE wurde nach einer Anhörung am 21.4.2021 im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) vom Deutschen Bundestag am 24.6.2021 in zweiter und dritter Lesung in der Ausschussfassung angenommen. Nach Verkündung im BGBl am 17.8.2021 trat das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 1.1.2024 in Kraft.
a) Überblick
Rz. 26
Das als Mantelgesetz gestaltete MoPeG ändert im Wesentlichen Vorschriften des BGB, des HGB, des PartGG und des UmwG, enthält aber auch zahlreiche Folgeänderungen etwa im Bereich des Grundbuchrechts, des Insolvenzrechts und des Kostenrechts und zeigt somit das Bestreben nach einer in sich geschlossenen Überarbeitung des bestehenden Regelwerkes.
Rz. 27
Gleichwohl bringt das MoPeG keine Totalrevision des Rechts der Personengesellschaften. So hat sich der Gesetzgeber – den Empfehlungen der Expertenkommission folgend – gegen eine vorbehaltlose Öffnung des Handelsregisters für sämtliche Gesellschaftszwecke nach österreichischem Vorbild und damit gegen eine Ablösung des klassischen Kaufmannsbegriffs zugunsten eines neu zu entwickelnden Unternehmerbegriffs entschieden. Die grundlegende Trennung zwischen (handels-)gewerblichen Personengesellschaften und nicht gewerblichen, insb. freiberuflichen Personengesellschaften bleibt nach dem MoPeG bestehen. Im Vordergrund steht vielmehr das Ziel, den mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR durch den BGH eingeleiteten Systemwechsel im Gesetz kohärent nachzuvollziehen und die Diskrepanz zwischen dem geschriebenen Recht und dem von der Rspr. und Kautelarpraxis geprägten Recht im Interesse der Rechtssicherheit zu beseitigen. Der Schwerpunkt des MoPeG liegt somit im Recht der GbR. Hier werden die weitreichendsten Änderungen vorgenommen und das gesetzliche Leitbild der Rechtswirklichkeit angepasst.